Rezension zu Stadt der tanzenden Schatten von Daniel José Older
Seitenzahl: 304
Format: Hardcover
Preis: 16,99 Euro
ISBN: 978-3-551-58360-4
Übersetzer: Sophie Zeitz
Altersempfehlung des Verlages: Ab 14 Jahren
Abgeschlossene Erzählung
Homepage des Autors: ghoststar.net
Inhalt:
Auf dem verlassenen Rohbau eines
fünfstöckigen Turms vervollständigt Sierra in jeder freien Minute
ihre Graffiti-Zeichnung. Neben einer perfekten Zeichnung von Papa
Acevedos, einem guten Freund ihres Großvaters, prangt dieses
gigantische Bildnis ihres Drachen. An einem dieser Tage jedoch
bemerkt Sierra eine Veränderung. Papa Acevedos Bild scheint zu
verblassen. Seine Lippen hängen herab und eine Träne rinnt über
seine Wange. Kann das sein?
Seit seinem Schlaganfall sitzt Sierras
Großvater Lázaro nur noch in seinem Zimmer. Kein zusammenhängendes
Wort kommt mehr über seine Lippen. Dennoch besucht ihn die Enkelin
regelmäßig. An einem der guten Tage spricht Lázaro eine Warnung
aus. Sierra ist überrascht. Deutlich gibt er zu verstehen, dass sich
das Mädchen mit dem stillen Zeichner und Klassenkameraden Robbie
zusammentun soll, um ihre Zeichnung zu vervollständigen. Denn wenn
nicht, sind bald alle verloren.
Die Welt:
Daniel
José Older siedelt seine Geschichte in Brooklyn an. Eine soziale
Umgebung, die von
gewalttätigen Mitteln
geprägt ist.
Die Protagonistin Sierra ist
puertoricanischer Abstammung. Sie trägt einen Afro, dazu Faltenrock,
Springerstiefel und ein T-Shirt mit abgerissenen Ärmeln. Ihre beste
Freundin Benni hingegen hüllt sich in eine Bügelfaltenhose,
Button-Down-Hemd und Hornbrille. Dennoch wirken beide Protagonisten
ziemlich cool. Sie besuchen in ihrer Freizeit Partys, auf denen
Emo-Rock und Hiphop gespielt wird und Beatbox- und Freestylebattles
die Zeit vertreiben.
Ihre Zeit verbringt Sierra gerne in der
Nähe eines alten Schrottplatzes. Hier sitzen die Freunde von ihrem
Großvater an einem Tisch und spielen Domino. Sierra hingegen witmet
sich gerne ihrer Graffiti-Zeichnung am verlassenen Rohbau des
nahestehenden fünfstöckigen Turms.
Überhaupt vermittelt Daniel José
Olders Geschichte einen so ganz anderen Flair als handelsübliche
Jugendbücher. Hier achtet die Jugend die Alten und ihre Ahnen. Die
Freunde von Sierras Großvater sind keineswegs gebrechlich, sondern
haben es stattdessen faustdick hinter den Ohren. Sie nennen sich die
Domino-Krieger. An ihrem Stammtisch bleibt stets ein freier Platz für
die ausgeschiedenen Teilnehmer der Runde erhalten. Auch Ermittlungen
unternimmt Sierra im weiteren Verlauf gerne mit einem von Großvaters
Freunden. Während das junge Mädchen eher planlos voranschreitet,
scheut der Alte vor schnellen Autofahren, Lügen und Ideen, die die
Polizei in die Irre führen, nicht zurück.
Schreibstil:
An
Daniel Josés Schreibstil musste ich mich gewöhnen. Des Öfteren
liest man spanische Sätze, die die puerto-ricanische Abstammung der
Protagonistin und ihrer Verwandtschaft vergegenwärtigen. Die Art,
wie die Charaktere miteinander umgehen, war interessant zu
beobachten. Ganz besonderen Wert legt man in Sierras Umfeld auf die
verstorbenen Ahnen. Alt und Jung bringen sich gegenseitig Respekt
entgegen. Dass Manny, ein Freund ihres Großvaters gemeinsam mit den
Jugendlichen „abhängt“ und ein Graffiti vervollständigt, ist
normal. Am Küchentisch werden intergenerationell
Themen wie Patriarchat, Rassenidentität
und moralische Dilemmata behandelt.
In "Stadt der tanzenden Schatten"
erwachen die gezeichneten Graffiti zaghaft zum Leben. Ihre Farben
verblassen, die Mundwinkel ziehen sich nach unten, sogar eine Träne
löst sich aus dem Auge eines Bildnisses. Erst fragt sich Sierra, ob
sie sich diese Veränderung einbildet. Doch nach und nach stellt sich
heraus, dass mehr hinter den Geschehnissen steckt. Auf Ratschlag des
Großvaters unterhält sich das Mädchen mit dem stillen Mitschüler
Robbie. Gemeinsam mit ihm soll sie die Zeichnungen am Turm
vervollständigen. Robbie und Sierra kommen sich näher. Eine
zaghafte Freundschaft entspinnt sich. Eine Liebesgeschichte wird
angedeutet. Auch, wenn Sierra bald den Drang verspürt Robbie zu
küssen, so werden Leser, die sich nach einer emotionalen Geschichte
sehnen, hier eher enttäuscht werden. Im Fokus der Geschichte steht
eher das Lösen von Rätseln, Ahnenforschung und ein Abenteuer.
Weniger fesselnde Gefühle.
Mit einer Äußerung ihres aufgrund
eines Schlaganfalls verstummten Großvaters beginnt für Sierra ein
großes Rätsel. Sie erblickt ein mysteriöses Foto, auf dem sie
jemanden wieder entdeckt, der ihr zuvor in einer ziemlich
furchteinflößenden Erscheinung begegnet ist. Einige der Gesichter
sind merkwürdig verschmiert. Sierra hört von den Schattenbildnern
und außerdem verspricht der Großvater, dass „Lucera“ Sierra
helfen wird. Wer oder was ist Lucera, was sind die Schattenbildner?
All das wird Sierra über die Geschichte hinweg erforschen. Auch
scheinen es die bösen Kreaturen, die plötzlich vermehrt auftauchen
auf sie und Robbie abgesehen zu haben.
Fazit:
Mit
der Protagonistin Sierra und dem Setting in der puertoricanischen
Gemeinde fügt Daniel José Older dem Genre Jugendbuch interessante
neue Facetten
hinzu. Ahnenforschung,
Rassenidentität, aber auch zwischenmenschliche
sowie intergenerationelle
Solidarität werden
hier behandelt.
Die
fantastische Komponente lebt von der Idee, dass Graffiti-Zeichnung
zum Leben erwachen. Ein Großteil der Handlung wird durch die Ermittlungen von Sierra
bestimmt, die zu begreifen versucht, warum sich ihre Welt von einem
Tag auf den anderen so verändert.
Ich empfehle dieses Buch Leser/innen, die in eine etwas andere Welt
abtauchen möchten und sich nach Neuem auf dem Jugend-Fantasy-Markt
sehnen.
Kurzgefasst:
Spannung/Action:
Liebe:
Charaktere:
Weltenaufbau:
Handlungsstrang:
Schreibstil:
Im Gesamtpaket:
Ich danke dem Verlag herzlichen für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars
Huhu liebe Tanja,
AntwortenLöschendas Buch liegt hier schon bereit und wird meine übernächste Lektüre. Die Idee klingt richtig gut. Und die Freunde von Sierras Großvater klingen mehr als nur interessant. :-)
Liebe Grüße
Sandra
Huhu Sandra,
Löschenich bin so wahnsinnig gespannt, was du zu dem Buch sagen wirst. Ich hatte völlig andere Erwartungen an die Geschichte. Irgendwie habe ich ein klassisches Fantasy-Jugendbuch erwartet. So etwas, wie man es schon oft gelesen hat und auch immer wieder gerne liest. Dieses Buch war völlig anders, als ich es mir vorgestellt habe. (Und das ist nicht negativ gemeint).
Ganz liebe Grüße
Tanja :o)
Hi Tanja,
AntwortenLöschenna endlich kommt das Buch auch auf den deutschen Buchmarkt! Ich habe es gelesen, als ,,Shadowshaper" (Originaltitel) gerade erst in den USA rauskam und ich war ziemlich begeistert von Sierra, ihrer Familie und ihren Freunden. Solche Urban Fantasy-Bücher sollte es wirklich viel mehr geben :)
LG Julia
Hallo Julia,
Löschenhast du damals zu dem Buch auch eine Rezension verfasst? Wenn ja, magst du sie mir verlinken? Ich würde sie unglaublich gerne lesen.
Ich fand es unglaublich spannend in die Welt von Sierra einzutauchen. Sie ist so ganz anders, als die klassischen Mädchen in Jugendbüchern. Auch, dass "die Alten" hier ganz anders wertgeschätzt werden und es so faustdick hinter den Ohren hatten, hat dem Roman einen besonderen Flair gegeben, findest du nicht?
Ganz liebe Grüße
Tanja :o)
Klar doch, hier ist meine Rezension: https://lizoyfanes.blogspot.com/2016/11/rezension-shadowshaper-von-daniel-jose.html
LöschenIch finde es schön, dass in diesem Buch das Aspekt Familie sehr hervorgehoben wird - in vielen Büchern wird das ja eher vernachlässigt. Außerdem gibt es noch auf Englisch einen kurzen Sequel zu Shadwoshaper, nämlich "Ghost Girl In The Corner", das ich auch noch lesen will :)
Huhu Julia,
Löschenvielen Dank für den Link, da werde ich gleich mal stöbern gehen und dir einen Kommentar auf deinem Blog hinterlassen :o)
Stimmt, mir fallen momentan auch sehr wenig Bücher ein, in denen die Familie so im Mittelpunkt steht, wie hier.
Ganz liebe Grüße
Tanja
Hallo Tanja,
AntwortenLöschendu hast mich mit deiner Rezi noch etwas neugieriger auf das Buch gemacht :) Die von dir angesprochenen Aspekte "Familie, gegenseitige Wertschätzung usw." gefallen mir, da dieses häufig nicht mehr so üblich sein scheint, in unserer Gesellschaft.
Auch ich bin auf Sandra´s Meinung gespannt und das Buch wandert auf meine WuLi.
Liebe Grüße,
Uwe
Huhu Uwe,
Löschenda hast du vollkommen Recht. Ich denke, es ist Sierras Herkunft zu verdanken, dass die Familie so in die Geschichte eingebunden wird. In anderen Ländern hält man glaube ich noch etwas mehr zusammen.
Ich freue mich sehr, dass meine Rezension deine Neugierde auf das Buch geweckt hat. :o)
Auf Sandras Meinung und auch auf deine, wenn du das Buch denn lesen solltest, bin ich sehr gespannt.
Ganz liebe Grüße
Tanja :o)