Interview mit Swen Harder (Autor des
Spielbuchs „Reiter der schwarzen Sonne“)
Hallo Swen,
Leni und ich hatten ja die Ehre
das Abenteuer in deinem Spielbuch erleben zu dürfen. Sehr gerne
würden wir dir zu dieser nicht ganz so bekannten Art von Buch ein
paar Fragen stellen. Wir freuen uns daher sehr, dass du dich bereit
erklärt hast, an diesem Interview teilzunehmen.
Magst du dich und dein Buch
einmal in wenigen Worten unseren Lesern vorstellen?
Sehr gerne! Mein Name ist Swen Harder,
bin Jahrgang 74 und stamme aus dem südhessischen Odenwald.
Hauptberuflich arbeite ich als Spieletester bei Nintendo in Frankfurt
am Main. In meiner Freizeit spiele ich gerne selbst Spielbücher,
Rollenspiele aber auch Brett- und Kartenspiele.
Reiter der schwarzen Sonne ist ein sehr
umfangreiches Dark-Fantasy-Spielbuch mit ausgeklügelten Innovationen
und Regeln.
Für Leser, die noch nie etwas
von einem Spielbuch gehört haben, kannst du ihnen sagen, was das so
ungefähr ist?
Vereinfacht gesagt, sind Spielbücher
interaktive Romane die in hunderte, durchnummerierte Absätze, die
sogenannten Sektionen unterteilt ist. Am Ende einer Sektion wird der
Leser vor eine Frage oder Aufgabe gestellt, dessen Beantwortung bzw.
Lösung ihn zu einer anderen Sektion führt usw. Er springt quasi in
dem Buch hin und her, bis er – hoffentlich – irgendwann das gute
Ende erreicht. Das eigentlich spannende daran ist, dass der Leser das
Gefühl vermittelt wird, maßgeblich die Story zu beeinflussen.
Wie bist du auf die Idee gekommen
so ein Buch zu schreiben? / Was hat dich zur Entscheidung bewogen ein
Spielbuch statt eines normalen Romans zu verfassen?
Spielbücher mit ihren multiplen
Möglichkeiten der Storyentwicklung haben mich bereits seit
Kindertagen fasziniert. Ich hatte als Teenager auch meine ersten
eigenen (sehr kläglichen) Versuche unternommen, eines zu verfassen.
Da ich eigentlich immer schon eigene Ideen für meine
Rollenspielrunden im Freundeskreis zu Papier gebracht hatte, lag der
Schritt es einmal mit einem Spielbuch zu versuchen, irgendwie auf der
Hand.
Spielbücher ähneln in ihrer Art
ja sehr dem Pen & Paper Rollenspiel, nur dass man dort einen
Spielleiter hat, der einem sagt, wie
die Geschichte weitergeht. Welche Art des Spiels gefällt dir mehr
und warum?
Da würde ich überhaupt keine Abwägung
vornehmen wollen. Beide Ansätze haben ihre Existenzberechtigung. Der
größte Unterschied ist freilich, dass man beim Pen & Paper von
seinen Mitspielern und ihrer Zeit abhängig ist, während man ein
Spielbuch jederzeit in die Hand nehmen kann.
Wie gestaltet sich das Schreiben
eines solchen Spielbuchs? Schreibst du da einen
Handlungsstrang von Anfang bis Ende
durch oder hast du da deine eigene Reihenfolge?
Ich habe in den vergangenen fünf,
sechs Jahren etliche Autoren kennengelernt und erfahren, dass es
keine allgemeingültige Herangehensweise zum Verfassen eines
Spielbuchs gibt. Von Joe Dever, dem Einsamer-Wolf-Erfinder, weiß
ich, dass er sehr fokussiert und planvoll an seine Bücher herangeht.
Ich hingegen bin da sicher sehr chaotisch und an bestimmten Punkten
der Geschichte kann es schon mal passieren, dass meine Charaktere ein
Eigenleben entwickeln und den geplanten Verlauf über den Haufen
werfen. Das ist stets ein sehr spannender Moment. Kurz: Als
Spielbuch-Autor muss man nicht nur kreativ, sondern zudem sehr
flexibel sein.
„Reiter der schwarzen Sonne“
baut auf einem sehr komplexen Regelwerk auf. Schön ist, dass man als
Leser die Regeln während des Lesens nach und nach erlernen kann.
Hast du die Regeln selbst entworfen oder hast du Anleihen an anderen
Spielen genommen?
Ja, die Regeln sind komplett von mir
entworfen und entwickelt worden. Sicher gibt es Anleihen an
bestehende Regelmechanismen anderer Spielbücher sowie Rollenspiele,
jedoch stand genau die Idee, ein Regelwerk zu erschaffen, das sowohl
Anfänger an das Thema heranführt, ohne zu überfordern, als auch
erfahrene Spieler herauszufordern, stets im Vordergrund. Und ich
denke, das ist mir tatsächlich gelungen.
So sieht die Specialedition des Spielebuchs aus |
Dein nächstes Werk „Metal
Heroes – and the Fate of Rock“ wird vermutlich Ende Mai beim
Mantikore-Verlag erhältlich sein. Kannst du uns schon ein wenig zu
diesem Spielbuch verraten? Hast du dort neue Ideen zum Regelwerk
eingeflochten? Was erwartet den Leser, worauf kann er sich freuen?
Metal Heroes geht in eine komplett
andere Richtung. Sowohl inhaltlich, als auch vom Regelansatz. Man
übernimmt die Geschicke von Taylor, einem Vollblutrocker und
Volltrottel, dem eines Tages das Angebot unterbreitet wird, den
amtierenden Rock-Gott zu beerben. Dazu muss es ihm bloß gelingen,
eine miese Garagen-Band zum größten Metal-Act des Planeten
aufzubauen...
Wie ihr seht, mit Fantasy im
klassischen Sinne hat das recht wenig zu tun. Ich wollte einfach ein
komplett neues Genre bedienen! Die Regeln selbst sind in drei
Komplexitätsstufen eingeteilt. Je nach persönlichem Vorlieben darf
man sich also entscheiden, mit minimalen Regeln oder eben mit der
vollen Regel-Dröhnung zu spielen.
Wir haben gelesen, dass „Metal
Heroes – and the Fate of Rock“ wieder eine CD mit Musik beiliegen
wird. Diese Musik soll direkt mit dem Spielbuch verknüpft werden.
Wie kann man sich das vorstellen?
Das stimmt. Es wird eine CD mit 12
echten Metal-Tracks dabei sein. An manchen Stellen der Geschichte
wird man aufgefordert, einen bestimmten Song abzuspielen und bekommt
dazu eine Frage bzw. Aufgabe gestellt. Der Leser beschäftigt sich
also inhaltlich mit der Metal-Musik und deren Texten. Es ist jedoch
nicht zwingend. Wer keinen Bock darauf hat, kann diese Stellen auch
überspringen.
Swen Harders neuestes Werk |
Leni und mich würde sehr
interessieren, wie du so arbeitest. Wie sieht dein Arbeitsplatz aus?
Nutzt du ein bestimmtes Schreibprogramm um deine Ideen zu ordnen?
Gibt es andere Hilfsmittel, wie Karteikarten auf denen du dir
wichtiges notierst und mit denen du einen besseren Überblick über
die verschiedenen Handlungsstränge behältst?
Ich glaube, nun werden viele enttäuscht
sein. Ich habe weder Türme von Büchern, Pergamentrollen, noch einen
kleinen Gnom-Schergen, der mir zuarbeitet. Nein, ich nutze einen PC
mit handelsüblicher Software und Berge von Schmierpapier. Daneben
nutze ich noch mein kleines Notizbuch, dass ich immer dabei habe, um
spontane Ideen festzuhalten. Ich habe nämlich die Unart, tolle Ideen
sofort wieder zu vergessen, sollte ich abgelenkt werden. Das kann
eine Kleinigkeit sein, wie beispielsweise der gute Duft von Kaffee...
Besteht die Möglichkeit dich
einmal „live“ kennenzulernen? Gibst du Signierstunden oder hältst
du gar Lesungen ab?
Lesungen mache ich nur sehr selten.
Dennoch gibt es die Möglichkeit mich zu treffen. Beispielsweise auf
der RPC in Köln, der Spiel in Essen oder – und das ist am
familiärsten – auf der MantiCon auf der Starkenburg in Heppenheim.
Ein Wochenende mit netten Leuten, die sich dem Genre Spielbücher und
Old-school-Rollenspiele verschrieben haben. Bei allen drei
Veranstaltungen bin ich natürlich gerne bereit, in Bücher mit
meinem Namen darauf reinzukritzeln.
Spielst du auch gerne selbst
Spielbücher? Bestreitest du das Abenteuer gerne mit einer weiteren
Person oder versuchst du dich lieber alleine durchzuschlagen?
Selbstverständlich spiele ich auch
selbst Spielbücher. Zwar weiß ich sehr wohl, dass es viele Paare
und Freunde gibt, die es lieben Solo-Rollenspiele gemeinsam zu
spielen, ich lese sie jedoch bevorzugt alleine.
Zum Abschluss möchten Leni
und ich dir noch einmal herzlich dafür danken, dass du dir die Zeit
genommen hast, unsere Fragen zu beantworten und dass du uns ein paar
spannende und schöne Momente mit deinem Buch geschenkt hast. Wir
können abschließend jedem Leser nur empfehlen ein solches Spielbuch
einmal auszuprobieren. Das „interaktive“ Lesen macht
unglaublichen Spaß und lässt einen die Geschichte auf eine völlig
neue Art erleben.
Für deine Zukunft wünschen wir
dir weiterhin viel Inspiration für neue Geschichten und alles Gute
auf deinem Weg als Autor.
Herzlichen Dank für die lieben
Wünsche!
Wir danken dem Autor herzlichst für die Bereitstellung des Bildmaterials.
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