Montag, 27. Mai 2024

Durchgelesen: Unser leichtfertiger Eid

Rezension zu Unser leichtfertiger Eid von Bryn Greenwood

 

Verlag: Festa (Werbung gem. TMG)
Seitenzahl: 544
Format: Hardcover
Preis: 22,99 Euro
Übersetzer: Simona Turini
ISBN: 978-3865529442
Abgeschlossene Erzählung 









Inhalt:


Warum nur hatte LaReignes nach dem Tod ihres Vaters im Gefängnis ausgerechnet dort einen Freiwilligenjob angenommen? Vielleicht war es eine Art Wiedergutmachung für dessen Taten gewesen. Für den Mord für den er über Jahre dort eingesessen hatte. Zee wusste es nicht. Doch eines wusste sie mit Gewissheit: Dass sie nun mit Marcus, dem Sohn ihrer Schwester, alleine da stand. Denn LaReigne war bei einem Insassenaufstand als Geisel genommen worden und befand sich nun gemeinsam mit einer weiteren Mitarbeiterin des Gefängnisses in der Gewalt der entflohenen und hochgradig gefährlichen Verbrecher.

Es ist nicht so, dass Zee zuvor ein sorgenfreies Leben führen konnte. Sie lebte schon zuvor in prekären finanziellen Verhältnissen. Überdies hat sie eine Mutter, die in einem zugemüllten Haus sitzt und aufgrund ihres Übergewichts alleine nicht mal aufstehen kann.Wie sollte sie ein Kind versorgen? Prostitution und Drogenhandel scheinen hier keine nachhaltige Finanzierung zu bieten. Denn durch ihre kaputte Hüfte war Zee nicht nur körperlich eingeschränkt, die Therapien waren auch teuer.

Bei einer dieser Therapiestunden hatte Zee auch Gentry kennengelernt. Diesen merkwürdigen Kauz, der Altenglisch sprach und sich wie ein Ritter verhielt. Gentry hatte ihr schon vor langer Zeit seine Hilfe angeboten. Er wäre da, um sie zu beschützen. Er wäre da um sie auf ihrem Weg zu begleiten. Zee hatte Gentrys Hilfe nie in Betracht gezogen. Doch nun, wo sie nicht wusste, wie sie aus diesem Loch an Problemen wieder herauskommen sollte, da erschien ihr Gentrys Geleitschutz als die einzige Lösung, die ihr noch blieb.

Gemeinsam mit Gentry wollte sie LaReigne befreien. Dass Gentry dazu auch noch seine kleine Horde an Mittelaltergefährten mobilisieren wollte, sie zu begleiten, kam da gerade recht. Ein wahnwitziger Plan, wenn man bedachte, dass die Entführer Schusswaffen hatten. Noch wahnwitziger, wenn man bedachte, dass Gentry kein Weißer war, und nur der Ku-Klux-Klan wusste, wo die Flüchtigen zu finden waren.



Meinung:


Da ich einst „All die Finsternis inmitten der Sterne“ von Bryn Greenwood gelesen hatte, ahnte ich bereits, dass „Unser leichtfertiger Eid“ keine leichte Geschichte werden würde. Genau diese Art von Erzählung mit Tiefgang, die nichts beschönigt, sondern auch die dunkelsten Seiten des Lebens aufgreift, erhoffte ich mir. Ich wurde nicht enttäuscht.

Auf den ersten Seiten des Buches erhält der Leser einen Einblick in das Leben der Protagonistin Zhorzha. Diese hat es nicht leicht: Die Schwester wurde erst kürzlich als Geisel genommen. Die Mutter lebt als Messie in einem Haus, in dem die Zimmer bis zur Decke mit Erinnerungsstücken und Tinnef vermüllt sind. Ihr Neffe, ein kleiner schutzbedürftiger Junge, steht von einem Tag auf den anderen alleine da. Und dann gibt es dort noch diesen Stalker namens Gentry, der Stimmen hört und Zee auf Schritt und Tritt folgt. Dazu tagtägliche Schmerzen und die Sorge, wie das Geld rangeschafft werden kann, dass das Überleben sichern soll.

Allerhand Probleme also, die es zu bewältigen gilt. Doch Zorzha ist eine Kämpfernatur. Sie tut, was getan werden muss, um diejenigen zu retten, die ihr am Herzen liegen.

Bryn Greenwood erzählt multiperspektiv: Zees ambivalenten Charakter hebt er hierbei überzeugend hervor. Überdies zeigt er die Sichtweise der Nebenfiguren. Da wären, allen voran der autistische Gentry, der seit seiner Kindheit Stimmen hört und der sich selbst als Ritter sieht. Gentrys Perspektive empfand ich anfangs als gewöhnungsbedürftig. Denn er denkt teilweise ähnlich wie er spricht: sehr mittelalterlich. So sieht er Zees Mutter als einen Drachen, der auf einem Thron sitzt, und Feuer spuckt. Aber gerade diese Stellen waren es auch, die sich schnell in mein Herz geschlichen haben.

Perspektivwechsel sorgen auch für einen Einblick in die Gedanken von anderen Charakteren, wie Zees Onkel, der einst mit dabei war, als ihr Vater den Mord begangen hatte. Man blickt für einen kurzen Moment in die Gedankenwelt der Mutter und der Pflegeeltern von Gentry. Auch, wenn man sie vielleicht nicht alle ins Herz schließt, so versteht man zumindest besser, warum sie so sind, wie sie sind.

In dieser Geschichte gibt es allerhand Figuren, die polarisieren, die man mögen oder auch hassen kann. Mit Ausnahme von Gentry, kommt nicht einer von ihnen einem tugendhaften Helden gleich.

Man hat es mit doppelbödigen und oft vom Leben zu Zynikern gemachten Charakteren zu tun. Sie alle handeln eigennützig. Am ehesten ist es vielleicht noch Zee, die ihre Bedürfnisse hinter denen anderer zurückstellt.
Als Leser wünscht man sich natürlich heldenhafte Protagonisten. Figuren, die stets moralisch korrekt handeln. Die sich im Zweifel für das Wohl anderer entscheiden. Tun sie das nicht, dann sind wir enttäuscht, ja, dann verachten wir sie vielleicht sogar für ihre Taten. So erging es mir in diesem Buch auch an einer Stelle mit Zee. Ich war regelrecht sauer auf sie, weil sie etwas getan hatte, was anderen liebgewonnen Figuren großen Schaden zugefügt hat. Und das, ohne zurückzusehen. Das hat mir regelrecht weh getan.

Gleichwohl muss man der Autorin Ehrlichkeit, Tiefe und Echtheit attestieren.



Fazit:


„Unser leichtfertiger Eid“ ist eine Geschichte, wie sie ehrlicher nicht sein könnte. Gewaltspitzen sind nicht rar gesät und an vielen Stellen schonungslos. Im Fokus steht das Aufzeigen der menschlichen Existenz in der Tragik ihrer Widersprüche.

Die Geschichte wirkt, wie aus dem Leben abgeschrieben, ist abwechslungsreich und berührt so viele Tabuzonen. Bryn Greenwood beleuchtet ihre Figuren genreübergreifend: In der ersten Hälfte ein spannender, ja fast schon skurriler Thriller in der zweiten zugleich eine ungewöhnliche Liebesgeschichte.
Speziell diese ungewöhnliche Liebesgeschichte erfreut die Leser über die Seiten.

Ganz großes Kino von einer Autorin, von der man sich noch viele Bücher wünscht.



Kurzgefasst:


Spannung/Action: 





Liebe/Freundschaft: 





Charaktere:

 




Handlungsstrang: 





Schreibstil: 





Im Gesamtpaket: 

 

 



 

6 Kommentare:

  1. Schönen guten Morgen!

    Ich hab leider immer noch kein Buch der Autorin gelesen, bin aber schon sehr gespannt was mich in ihren Büchern erwartet. Dass es starke und tiefgründige Themen sind konnte ich schon herauslesen und ich hoffe, dass ich bald dazu komme - das erste wird wohl "All die Finsternis inmitten der Sterne" sein. Wenn mir das gefällt werde ich sicher auch die anderen lesen.
    Keine leichte Lektüre und deshalb muss ich da für mich auch den richtigen Zeitpunkt abwarten.

    Liebste Grüße, Aleshanee

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    1. Hallo liebe Aleshanee,
      bislang sind, wenn ich das richtig ausrecherchiert habe, erst All die Finsternis inmitten der Sterne und Unser leichtfertiger Eid ins Deutsche übersetzt worden. Ich würde sofort zum nächsten Buch der Autorin greifen, wäre es denn schon auf dem deutschen Markt erhältlich. Solltest du dich an ein originalsprachiges Buch wagen, dann ist deine Auswahl nur geringfügig größer.

      Beide Bücher (All die Finsternis inmitten der Sterne und Unser leichtfertiger Eid) kann ich dir nur vollumfänglich ans Herz legen. Keine leichte Kost, aber Bücher, die mich sehr bewegt haben. Solltest du eines der Bücher gelesen haben, hinterlasse mir einen Hinweis. Ich würde sehr gerne deine Meinung dazu lesen.

      Ganz liebe Grüße
      Tanja :o)

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  2. Huhu Tanja,

    ich habe von der Autorin bisher auch noch nichts gehört. Die Lektüre klingt auch nicht nach einer leichten Kost. Gerade die Situation der Hauptfigur hört sich in jeder Richtung ihres Lebens nach einem großen Päckchen an. Ich bin mir aber auch nicht 100% sicher, ob das meinem Lesegeschmack entsprechen wurde. Wie ist deine Einschätzung? Denkst du, das wäre etwas für mich?

    Ganz liebe Grüße
    Leni

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    1. Hallo liebe Leni,

      ich denke, wenn ich dir ein Buch der Autorin empfehlen würde, dann würde es dieses sein. All die Finsternis inmitten der Sterne fand ich richtig gut. Aber da bin ich mir so gar nicht sicher, ob das Thema passen könnte. Hier dann schon eher.

      Beide Geschichten sind keine leichte Kost. Aber gerade das hat mich auch sehr angesprochen. Alleine schon vom Aspekt her, dass es in diesem Buch eine sehr ungewöhnliche Liebesgeschichte/Freundschaft gibt, könnte dir vielleicht auch gefallen. Ich bin mir nicht zu 100% sicher. Würde mich aber freuen, wenn du irgendwann mal zu "Unser leichtfertiger Eid" greifen würdest, eben weil es mir so gefallen hat. Danach könnte man vielleicht auch besser einschätzen, ob "All die Finsternis inmitten der Sterne" eventuell auch funktionieren würde. Da könnte ich dich ggf. danach dann auch ein klein wenig anspoilern.

      Ganz liebe Grüße
      Tanja :o)

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  3. Huhu Tanja,

    wieder ein sehr besonderes Buch mit nicht gerade leichtem Thema auf deiner Seite. Und ich verstehe was du am Anfang meintest, das man auch Sauer auf Figuren ist, wenn sie nicht vollkommen "selbstlos" handeln und andere darunter leiden. Gerade weil man als Leser oft nicht gleich sieht, welches Leid es vielleicht für eben diese Figur bedeutet hätte, wenn sie es eben getan hätte. Ich finde solche Gedankenspiele und Reaktionen zutiefst menschlich, gerade wenn man einmal innehält und überlegt, ob man selbst da denn so selbstlos gewesen wäre.

    Tintengrüße von der Ruby

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    1. Hallo liebe Ruby,
      ich bin mittlerweile ein großer Fan der Autorin. Ich hoffe so sehr, dass bald weitere Bücher von ihr auf dem deutschen Markt erscheinen werden.

      Ich gebe dir Recht. Ich mag es auch, wenn man durch eine Geschichte in die Versuchung gebracht wird nachzudenken und sich in die Figuren hineinzuversetzen.

      Ganz liebe Grüße
      Tanja :o)

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