Interview mit Michael Friederici
Hallo Herr Friederici,
Liebe Leser/innen,
ich freue mich so sehr, euch heute ein Interview mit Herrn Friederici, dem Veranstalter der Schwarzen Hafennächte präsentieren zu dürfen. Neun Fragen habe ich ihm gestellt. Die Antworten sind ähnlich wie seine Veranstaltungs-Newsletter: Nicht nur interessant, sondern auch höchst wortgewandt.
Ich wünsche euch ganz viel Spaß mit dem folgenden Interview :o)
Hallo Herr Friederici,
mögen Sie sich und die schwarzen Hafennächte einmal kurz in wenigen Worten vorstellen?
Zuerst einmal: Man muss sie natürlich erleben, diese „Nächte“, an
diesem Ort, der Speicherstadt-Kaffeerösterei, mitten in einem Stück
Weltkulturerbe, ungemein stimmungsvoll, anheimelnd, aber ganz und gar
nicht museal – und mitten, wenn man so will, in einer Rösterei, zwischen
Kaffeesäcken und den Maschinen. Und dann entstehen in dieser
produktiven Atmosphäre natürlich die entsprechenden Inhalte der
Schwarzen Nächte, bei denen es - natürlich- immer um alles geht:
Gewissenlose Schöne, knallharte Ermittler, bekannte Autoren,
tiefgründige Experten, schöne Stimmen, elegante Morde, finstere
Gangster, fatale Frauen, intelligente Bösewichter, fiese Gesetzesbrecher
– und Sie merken schon: Ziel ist vor allem, nicht zu langweilen. Aber,
so viel vorweg, Unterhaltung muss ja nicht arm im Geiste daherkommen.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen diese Veranstaltung ins Leben zu rufen?
Das war leider nicht meine Idee, sondern die eines guten,
mittlerweile verstorbenen Freundes. Der wusste, dass ich an schon
einiges in sachen Kultur auf die Beine gestellt hatte Jedenfalls schlug
der mir vor, doch einmal in seiner Lieblingskneipe, die er als sein
„verlängertes Wohnzimmer“ begriff, Literaturveranstaltungen zu
organisieren… Er brauchte das, ich hatte Lust dazu – und ab ging die
wilde verwegene Jagd (wie der große Spannungserzeuger Jürgen Klopp das
ausgedrückt hätte).
Warum gerade in der Speicherstadt?
Das war Glück, Zufall, ein magischer Moment…: Die kleine Kneipe
meines Freundes hatte in jeder Hinsicht Grenzen, nicht nur in der Größe.
Dann habe ich den Kontakt gesucht, und bin nicht nur auf weit offene
Ohren gestoßen: Ohne die Unterstützung und Rückendeckung, die ich bis
heute von den beiden Geschäftsführern der Speicherstadt-Kaffeerösterei
erfahre, gäbe es die Schwarzen Hafennächte nicht. Auch wenn ich ein
Quiddje bin: Eine solche Bereitschaft, Kultur/Literatur einen Raum zu
geben, die ist, glaube ich, selbst in hanseatischen Kaufmannskreisen
ungewöhnlich und unüblich. Da sage ich doch auch auf diesem Wege einfach
einmal - DANKE!
Sie haben schon viele Autoren für sich gewinnen können. Auf welchen Gast sind Sie besonders stolz?
Es waren ja nicht nur Autoren, die ihre neuesten Werke vorstellen.
Ich arbeite mich ja oft an Themen ab und stelle dann selbst die Texte
selbst zusammen, die dann von passenden, richtig guten Stimmen
vorgetragen und von Experten, von Autoren… „flankiert“ werden… Aber
alles in allem – und das sage ich jetzt ganz ohne Koketterie – auf alle.
Denn ich versuche ja ein Programm auf die Füße zu stellen, das ich
selbst gern besuchen würde. – Halt: Auf einen Gast bin ich allerdings
wirklich besonders stolz: Das Publikum der Schwarzen Nächte! Denn das
wächst und wächst und setzt sich zudem, so weit ich das beurteilen kann,
aus Leuten zusammen, mit denen ich auch außerhalb der Veranstaltungen
gern einmal einen Kaffee trinken würde…
Wie lange gibt es die Hafennächte schon?
Offen gestanden: Ich musste nachsehen und bin jetzt doch einigermaßen überrascht: Schon seit Mitte 2009…
Können Sie sich noch an Ihre erste Hafennacht erinnern? Wie unterscheidet sie sich von einer Hafennacht heute?
Ja sicher. Die Angst vor der Blamage, vor dem großen leeren Raum,
vor… Das erste Mal ging es programmatisch um Sherlock Holmes. Peter
Neugebauer hatte ich u.a. dazu eingeladen, den wunderbaren
Karikaturisten, der jahrelang für den Stern den Zeus Weinstein
gezeichnet und u.a. ein Holmes Handbuch geschrieben hatte… Ein Saxophon
tönte dazu… Tja, Musik ist zB nur noch selten dabei, dafür hat sich das
Gespräch mit Autoren und Experten weiterentwickelt. So langsam kriegen
die „Nächte“, glaube ich, die Form, die sie an diesem ganz besonderen
Ort brauchen. Eines allerdings hat sich nicht geändert. Meine Angst und
Nervosität haben sich nicht gelegt. Werden sie wohl auch nicht. Hoffe
ich! - Alles in allem: Veranstaltungen wie die Schwarzen Nächte machen
zwar gehörig Arbeit und fördern die Nervosität, aber sie machen eben
auch neugierig und - Vergnügen. Und ich hoffe nur, dass sich diese Lust
auf Menschen, Literatur, auf Sprache, auf produktive
Auseinandersetzungen, auf… - auch vermittelt.
Sie stellen in erster Linie Krimiautoren vor. Auch ihrer
Homepage kann man entnehmen, dass Sie diese Art der Literatur besonders
bevorzugen. Was fasziniert Sie so an diesem Genre?
Das stimmt nur zum Teil. Ich grenze das mal ein: Den 588.
Serienkiller finde ich ebenso öde wie die Ess-, Trink-, Tier- oder
Regio- ... Krimis. Der Untertitel der Schwarzen Nächte heißt ja nicht
zufällig: Verbrechen sind kein Privileg von Gesetzesbrechern.
Das erweitert den Horizont ganz ungemein. Zoe Beck z.B. schreibt
brillante Gegenwartsanalysen in Form von Thrillern, Frank Göhre
hinreißende Fallstudien ganz in noir, und dann kommt es natürlich auch
zu Begegnungen ganz eigener Art, wenn die leidenschaftliche Literatin
Regula Venske auf einen hardboiled Text trifft oder Gunter Gerlach z.B.
auf Eric Ambler…! Deshalb kommen Gäste wie Gerhard Strate, der
Rechtsanwalt, der Gustl Mollath aus der Psychiatrie geholt hat; der
Lübecker Oberstaatsanwalt Heinrich Wille, der immer noch am Fall
Barschel arbeitet; es kamen Redakteure des Spiegel, die in Kontakt mit
Julian Assange, Stichwort Wikileaks, stehen; nicht zu vergessen ein Mann
wie Mojib Latif, der schon mehrfach über die Verbrechen am globalen
Klima gesprochen hat, ganz zu schweigen von den alljährlichen
öffentlichen Untersuchungen der geheimen Botschaften, die tief im
„Dinner for One“ stecken –– Meine Güte, was haben wir da nicht schon
alles herausbekommen, bis nach Entenhausen haben wir die geheimnisvollen
Spuren verfolgen können… Ich brauche mehr Platz, merke ich… -
Jedenfalls: Der Kultur- und Krimi-Sachverständige Thomas Wörtche hat
einmal gesagt: Wer nur von Krimis etwas versteht, der versteht auch von
Krimis nichts! Dem ist nichts hinzuzufügen. Der Kriminalroman ist ja nur
eine Variante erzählender Literatur, die spannend ist, die ich spannend
finde. Ich will, und ich hoffe das Publikum will das auch, angeregt
werden, etwas über die Realität erfahren, in der wir leben und nicht
über merkwürdige Befindlichkeitsschwurbeleien merkwürdiger Leute. Und
die Autoren, die Schauspieler, die Experten sind ja, bitteschön, auch
nicht ganz uninteressant…
Muss man Ihres Erachtens eine besondere Art von Mensch sein, um Autor zu werden?
Ist nicht jeder Mensch auf seine Art besonders?
Welches Buch würden Sie meinen Lesern und mir empfehlen?
Ich würde Ihren Lesern Ihre Lieblingsbücherei vor Ort empfehlen –
und den Buchhändler (man muß ja heute männlich und weiblich dazu sagen)
Ihres Vertrauens. Der kennt Sie und weiß, was Sie mögen… - Und deshalb
gibt es auf die nächste Frage, ob „der oder die schon einmal bei mir zu Gast waren“ auch nur eine Antwort: Bestimmt, bzw. bestimmt nicht. - Aber ich arbeite daran.
Vielen Dank, dass Sie sich bereit erklärt haben, an diesem
Interview teilzunehmen. Ihnen und Ihren schwarzen Hafennächten wünsche
ich weiterhin alles Gute und viel Spaß beim Lesen und darüber
diskutieren :)
Huhu Tanja,
AntwortenLöschenich finde deine Interviews immer sehr interessant und verfolge immer jeden Einzelnen sehr neugierig. Von den Schwarzen Nächten habe ich vorher noch nie gehört und fand es demnach mal ziemlich toll darüber zu lesen. Du hast aber auch recht mit dem was du ganz am Anfang gesagt hast, dein Interviewpartner dieses Mal war wirklich sehr wortgewandt und es hat wirklich Spaß gemacht Frage und Antwort zu lesen! =)
Ganz liebe Grüße
Leni =)
Huhu Leni,
Löschendu solltest Herrn Friederici mal live bei seinen Abenden erleben. Er macht ja immer die Vorabmoderation. Auch seine Einladungen sind mit einem feinen und sehr intelligenten Humor gespickt.
Ganz liebe Grüße
Tanja :o)