Rezension Die Welt ist kein Ozean von Alexa Hennig von Lange
Seitenzahl: 352 Seiten
Format: Ebook
Preis: 11,99 Euro (Paperback, Klappenbroschur: 14,99 Euro)
ISBN: 978-3-570-16296-5
Altersempfehlung des Verlages: Ab 14 Jahren
Inhalt:
Franzi hat große Pläne: Sie möchte
mit der Evolutionsetüde
von Frédéric Chopin
ihr Vorspiel auf dem Klavier vor einer großen Jury bestreiten.
Sollte sie reüssieren, würde sie eine Zusage für ein Auslandsjahr
in Australien erhalten. Ihr nächstes Praktikum möchte das Mädchen
in einer psychiatrischen Klinik absolvieren. Ein Wunsch, der mit einer
positiven Grundeinstellung leicht gefasst ist.
Doch als Franzi ihre ersten Tage an der
Klinik absolviert, merkt sie bald, dass es mehr braucht, als Empathie
und ein „dickes Fell“. Schon bald beginnt Franzi sich und die
Welt zu hinterfragen. Ist ihr Vorsatz, die Menschen mit ihrer
Lebensfreude zu inspirieren, vielleicht doch etwas zu naiv gewesen?
Bereits am ersten Tag lernt Franzi
viele interessante Menschen kennen, die an ihrem Leben zerbrochen
sind. So auch den Jungen Tucker, der jeden Tag im Schwimmbad seine
Bahnen zieht, der nicht spricht und an den keiner heranzukommen
scheint. Doch irgendwas scheint die beiden Jugendlichen miteinander
zu verbinden, denn plötzlich erscheint Tucker das erste Mal im
Töpferkurs. Er steht plötzlich ganz still vor der Scheibe des
Gymnastiksaals und beobachtet Franzi, wie sie dort auf ihrer Matte
der Meditation beiwohnt. Ganz langsam nähern sich die beiden
einander an. Doch während Tucker lernen muss, sich der Welt wieder
zu öffnen, muss Franzi einsehen, dass das Leben voller Hürden ist.
Wichtigste Charaktere:
Franzi ist sehr behütet aufgewachsen.
Ihre Mutter sorgt sich sehr um ihr Wohlergehen. Doch gerade das ist
es, was Franzi dazu bringt, ausbrechen zu wollen. Sie möchte
Abenteuer erleben, möchte sich ins Chaos stürzen anstatt davor zu
flüchten. Franzi ist ein Mädchen voller Mitgefühl und Empathie.
Nellis Vater ist vor einigen Jahren mit
einer jüngeren Frau abgehauen. Dieses Ereignis hat dazu geführt,
dass das Mädchen in schwierigen Situationen abblockt. Sie hat starke
Verlustängste und möchte der Außenwelt ihre Zerbrechlichkeit nicht
zeigen. Nelli ist die beste Freundin von Franzi.
Tucker hat in seiner Kindheit ein
schweres Trauma erlitten. Seitdem spricht er nicht mehr. Jeden Tag
schwimmt er seine Bahnen im Schwimmbad der psychiatrischen Klinik.
Erst als die neue Praktikantin dort auftaucht, beginnt er sich ein
wenig zu öffnen.
Schreibstil:
Mit lockerleichten Worten bestreitet
die Autorin eine schwere Thematik. Immer wieder weist sie darauf hin,
wie zerbrechlich doch das Leben ist, wie eine Entscheidung dafür
sorgen kann, dass sich plötzlich alles ändert.
Mit Franzi hat Alexa Hennig von Lange
eine Hauptcharakterin geschaffen, die durch ihre positive und
stellenweise noch sehr naive Weltsicht einen Lichtblick in die
düstere Welt wirft. Fast bekommt man als Leser das Gefühl, dass
alles doch ganz einfach ist. Dass man mit Mitgefühl und einer
positiven Grundeinstellung eine Lösung auf alle Probleme finden kann
- wäre da nicht die regelmäßige kritische Selbstreflexion
der Protagonistin.
Somit schafft die Autorin letztlich
einen perfekten Jugendroman, der nicht zu ernst, nicht zu
pessimistisch ist, sondern ein hervorragender Text, der, ohne den
moralischen Zeigefinger zu erheben,
menschliche Beziehungen zerlegt.
Neben der Zerbrechlichkeit der Seele
werden hier auch Themen, die für jugendliche Leser wichtig sind,
angesprochen. Nelli hat sich, wie viele Erwachsene, eine harte Schale
zugelegt. Gefühle werden von ihr unterdrückt. Sie handelt
stellenweise sehr oberflächlich. Hübsche Kleidung, Jungs eine gute
Karriere sind für sie wichtig. Die Dringlichkeit des ersten
sexuellen Erlebnisses wird angesprochen. Egal mit wem, egal wie,
Hauptsache man passt sich den Anforderungen der Gesellschaft an; man
wirkt erfahren. Franzi bildet hier einen willkommenen Gegenpol. Zwar
erkennt sie, was von ihr verlangt wird, um dazuzugehören, dennoch
weigert sie sich mit der Masse zu schwimmen.
Die Charaktere in diesem Roman wirken
durchweg positiv. Das liegt in erster Linie daran, dass es der
Autorin gelingt, die Beweggründe jedes einzelnen zu hinterfragen und
darzulegen.
Die Liebesgeschichte, die sich zwischen
Franzi und Tucker anbahnt, schafft es zu berühren. Das Rezept
hierfür liegt vermutlich in der schweigsamen und distanzierten Art
von Tucker und natürlich auch an Franzi, die sich darauf einlässt.
Lediglich mit Blicken und Gesten wird hier eine zaghafte erste
Bindung geknüpft.
Fazit:
Die Welt ist kein Ozean schafft es in
einem locker leichten Ton die Zerbrechlichkeit des Lebens zu
thematisieren. Der Roman baut eine Brücke zwischen den
augenscheinlich „normalen“ Menschen dieser Welt und denen, die am
Schicksal zerbrochen sind.
Die Liebesgeschichte wirkt gerade
dadurch so berührend, weil zwei Menschen einen Weg zueinander
finden, indem sie eben nicht Worte, sondern Gesten nutzen, um
zueinander zu finden.
Dieser Roman motiviert dazu, einen
Blick hinter die Fassade auf die Biografie seiner Mitmenschen zu
werfen. Anderen eine Chance zu geben und zuzulassen, dass sich etwas
ändert.
Absolute Leseempfehlung!
Buchzitate:
Ich befinde mich wirklich im
zerklüfteten Grand Canyon des Lebens. Überall schwindelerregende
Abgründe.
Meine Mutter will das
Unglück verhindern, weil sie Angst davor hat. Ich will daran reifen.
Aber manchmal haben wir
einfach nicht das passende Mittel zur Verfügung, die Qual unserer
Patienten zu durchdringen, um ihre darin versunkenen Herzen zu
berühren. Egal, wie sehr wir uns bemühen.
Lass die Dinge passieren, die passieren
wollen. Du machst sonst nur einen unnötigen Umweg. Sie werden
sowieso früher oder später passieren.
Ich humpele den Gang hinunter, wie
jemand, der nach langer Zeit heimkehrt und nicht mehr derselbe ist.
Ich umklammere meine Lilifee-Rolle …
Weil es im Leben Situationen gibt, in denen man dringend etwas Altes
aus der Vergangenheit braucht, an dem man sich festhalten kann, wenn
einem vor lauter Veränderung schwindelig wird.
Kurzgefasst:
Spannung/Action:
Liebe:
Charaktere:
Handlungsstrang:
Schreibstil:
Im Gesamtpaket:
Huhu Tanja,
AntwortenLöschendas Buch klingst so schön, deine Rezension IST so schön und mich hast du jetzt restlos neugierig gemacht. Ich setze mir dieses Buch sofort auf die Wunschliste!! Das Thema klingt total berührend und hinter die Fassade schauend, dass klingt einfach total verlockend. Vor allem diese Zitate!! So viele wundervolle Zitate! *-* Ich bin gerade total begeistert von deiner Rezension. =))
Ganz liebe Grüße
Leni ♥
Oh danke Leni, du zauberst mir gerade ein Lächeln auf das Gesicht. Ich glaube du hast in der Rezension genau das gelesen, was ich vermitteln wollte. Ich habe dieses Buch wirklich geliebt.
LöschenGanz liebe Grüße
Tanja :o)
Sehr gerne Tanja!! Die Rezension ist wirklich schön und vermittelt hat sie viel. Auf jeden Fall genug, dass ich dieses Buch unbedingt lesen will. =))
LöschenGanz liebe Grüße
Leni =)