Rezension zu Chaos im Märchenhimmel – Ein Wintermärchen für 1001 Nachmittag von Jacqueline Weichmann-Fuchs
Seitenzahl: 371
Format: Taschenbuch
Preis: 13,90 Euro
ISBN: 978-3982467122
Abgeschlossene Erzählung
Inhalt:
Eines haben das Zündholzmädchen, Zoe, das Mädchen mit dem Sternenhemdchen, Talia und die kleine Meerjungfrau, Moyra, gemeinsam: Sie waren grausam zu Tode gekommen. Doch Gevatter Tod konnte diese drei Damen, in denen noch ein kleines bisschen Schicksal und Vorhersehung steckt, nicht einfach ins Totenreich übergehen lassen. Er hat sich ihrer vielmehr als Ziehvater angenommen. Die drei Mädchen, das musste der alte Herr bald feststellen, sind allerdings schwerer zu betreuen als ein Sack voll Flöhe. Ständig streiten, zoffen und ärgern sie sich. Das muss ein Ende haben, beschließt der Gevatter.
Ein Plan ist schnell gefasst. Die Mädchen sollen für eine Weile zusammenarbeiten, seinen Job übernehmen und die Seelen der Verstorbenen einsammeln. Doch einer muss auf sie aufpassen. Geeignet scheint sein kleiner Begleiter, die vorlaute Ratte Ray.
Moyra, Talia und Zoe sind überhaupt nicht begeistert, als der Gevatter ihnen ihre neue Aufgabe präsentiert. Ganz zu schweigen von Ray, der so gar keine Lust hat, die drei Streithähne zu überwachen. Doch alles Zetern hilft nichts. Kurz darauf befinden die Mädchen sich im Märchenland und sollen sich um Schneewittchen, die Opfer eines Mordversuchs werden wird, kümmern. Doch anstatt sich Gedanken um die Seele der jungen Frau zu machen, beschließen die Mädchen, dem Schicksal ins Handwerk zu fuschen, da sie nicht einfach zuschauen wollen, wie Schneewittchen getötet wird. Sie schmieden einen Rettungsplan.
Damit durchkreuzen sie das große kosmische Wechselspiel: Die Toten dürfen nie in die Welt der Lebenden eingreifen, um eine Seele zu retten. Während Ray also unter Fluchen und Schimpfen alles zu tun hat, um die Mädchen an bestehende Regeln zu erinnern, lernen diese auf ihrem Kurztrip neben einem ziemlich naiven Schneewittchen, das einfach nicht aus seinen Fehlern lernen möchte, auch noch drei böse Wölfe kennen. Und die sind ebenfalls auf der Suche nach einer Seele, die sie jedoch für ihre eigenen Pläne verwenden wollen …
Ziemlich schnell kommt es zu einigen Differenzen und Auseinandersetzungen zwischen den beiden Fraktionen, die sehr unterschiedliche Pläne hegen.
Die Handlung bringt die Figuren dazu, sich mit alten Erinnerungen auseinander zu setzen und ihre Traumata aufzuarbeiten. Helfen könnten dabei die Pokerfreunde des Todes: Die Zahnfee, die gute Fee und das Sandmännchen. So werden also zügig drei Gruppen gebildet. Jedes Mädchen bekommt einen Wolf und einen Pokerfreund an die Seite gestellt, mit dem sie eine Aufgabe lösen sollen. All das darf erneut Ray überwachen. Kein Wunder vermutlich, dass der Tod erneut wenig Begeisterung erntet. Ein Kompromiss ist allerdings bekanntlich dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind.
Und wer weiß, vielleicht führt dieser ja direkt ins Happy End?!
Meinung:
Mit „Chaos im Märchenhimmel“ ist Jacqueline Weichmann-Fuchs erneut eine humorvolle Märchenadaption gelungen, die aber – und das unterscheidet das Buch von den anderen Geschichten der Reihe - zugleich auch mit ernsten Themen aufwartet.
Der Leser begleitet hier drei Figuren aus bekannten Klassikern. Das Mädchen mit dem Sternenhemdchen, das Zündholzmädchen und die kleine Meerjungfrau. Alle drei haben eines gemeinsam: Sie sind auf tragische Weise ums Leben gekommen. Sie alle haben zu Lebzeiten schlechte Erfahrungen sammeln müssen und tragen entsprechende Traumata mit sich herum.
Auch, wenn sich die drei Mädchen ständig streiten und ihren Frust auch gerne an der vorlauten Ratte Ray auslassen, so tragen sie doch das Herz am rechten Fleck. Als sie also den Auftrag bekommen, Schneewittchens Seele einzufangen, tun sie alles, um dieser zum Überleben zu verhelfen. Und das, obwohl Ray schon so genervt von deren Naivität ist, dass er lauthals verkündet, dass er sie bald selbst umbringen würde, käme sie nicht bald ohnehin durch ihre eigene Blödheit zu Tode.
Moyra, Talia und Zoe sind sich bewusst, dass ihr Handeln Konsequenzen nach sich ziehen könnte. Und das tut es auch. Denn der Gevatter ist zwar ein gutmütiger Ziehvater, aber spätestens beim dritten Mal durchschaut er dann doch die Tricks seiner „Töchter“. Statt lange zu schimpfen oder die Mädchen zu bestrafen, schickt er sie auf eine Lehrmission.
Der erste Part der Geschichte, der sich rund um Schneewittchen dreht, hat mich hervorragend unterhalten können. Geschickt webt die Autorin die Geschichte um Schneewittchen neu.
Aber auch im weiteren Verlauf des Buches werden einige Klassiker eingewoben und damit ein hoher Unterhaltungswert geschaffen. Jedes Mädchen wird mit einem Wolf losgeschickt, um einem Pokerfreund des Todes bei einer Aufgabe zur Hand zu gehen. Genau wie jedes Mädchen hat auch jeder Wolf ein Traumata zu verarbeiten. Beispielsweise hat einer von ihnen von der Mutter der sieben Geißlein Steine in den Bauch eingenäht bekommen und wurde auf brutale Weise im Brunnen des Gartens versenkt. Die Angst davor hilflos ertrinken zu müssen, sitzt tief. Vertrauen in andere Menschen finden, das fällt fast allen nicht leicht.
Die Missionen, die sich die Autorin für ihre jeweiligen Teams überlegt hat, sind allesamt unterhaltsam und spannend gestaltet. So wird zum Beispiel Moyra mit dem Wolf Sardos und dem Sandmännchen mitten hinein in die Traumwüste geschickt. Ihre Aufgabe besteht darin, den Menschen/Märchenfiguren schöne Träume zu bescheren. Während dieses Team auf sehr brutale Art lernen muss, wie man wieder zu ausgewogenen Denkmustern findet, haben es Zoe und Wolf Rendall schon besser: Sie dürfen die gute Fee begleiten, die das Team dazu auffordert Aschenputtels traurigem Dasein zu einem Happy End zu verhelfen. Talia und Wolf Gideon hingegen sehen sich einem sehr stinkendem Problem gegenüber. Die Zahnuhr der Zahnfeen ist kaputt und unter Abermillionen von gammelnden Kinderzähnen begraben. Sie sollen die Uhr wieder zum Laufen bringen. Als wäre die Aufgabe nicht schon schwer genug, so streikt der Wolf auch schon gleich zu Anfang der Mission. Hier ist also eine Menge Spannung vorprogrammiert.
Zu erwähnen sei vielleicht auch noch, dass jedes Märchen der Reihe, „Ein Märchen für 1001 Nachmittag“, mit neuen Protagonisten daherkommt und in sich abgeschlossen ist. Chaos im Märchenhimmel kann also als Einzelband gelesen werden.
Fazit:
Jacqueline Weichmann-Fuchs gelingt auch mit ihrem neuesten Buch wieder ein humorvoller Märchenmix, der allerhand Klassiker verwurschtelt. Sie zeigt, dass man anspruchsvolle Themen gleichermaßen mit Tiefgang und dennoch unterhaltsam aufarbeiten kann. Dem Buch gelingt es, Sehnsüchte und Ängste voller Einfühlungsvermögen darzustellen.
Das Werk ähnelt dabei guter Impro-Comedy. Sein Humor wird nie zur puren Effekthascherei. Die gelungene Satire wird nie zum Klamauk.
Volle Leseempfehlung für Märchenfreunde.
Kurzgefasst:
Spannung/Action:
Liebe/Freundschaft:
Charaktere:
Hallo Tanja,
AntwortenLöschendu verstehst es wirklich wunderbar mit deinen Worten und Gedankengängen die Quintessenz aus einem Roman hervorragend zur Geltung zu bringen. Ich freu mich wirklich über die Maßen, dass dir mein neues Märchen so gut gefallen hat. Deswegen werde ich auch gleich meine Mutter anrufen und ihr deine tolle Rezension vorlesen. Sie ist mein erster und größter Fan und freut sich immer riesig, wenn ich ihr voller Freude so eine gelungene und tiefgründige Rezension vorlese. Deswegen hab vielen Dank für deine schönen Worte. Bin total geplättet und total glücklich.🥰
Danke liebe Tanja und schöne Grüße
Jacqueline
Hallo liebe Jacqueline,
Löschenüber deinen Kommentar habe ich mich sehr gefreut. Dass du die Rezension mit deiner Mutter teilen möchtest, ist ein großes Lob. Ich danke dir dafür.
Jaaa, deine Geschichte hat mir wirklich sehr gefallen. Ich hoffe, dass durch die Rezension noch weitere Leser auf das Buch aufmerksam werden. :o)
Ganz liebe Grüße
Tanja :o)
Ach, das hört sich wieder nach einem Buch für mich an. Wenn nur meine Leseliste endlich mal kürzer würde :p In letzter Zeit komm ich wieder so selten dazu, in paar Zeilen zu lesen und du hast schon wieder so viele schöne neue Bücher vorgestellt ...
AntwortenLöschenBin sehr gespannt, was in diesem Jahr noch alles dazu kommt.
Liebe Grüße
Sigrid
Hallo liebe Sigrid,
LöschenChaos im Märchenhimmel ist wirklich ein ganz besonderes Buch. Humor, tiefergehende Themen, aber zugleich auch allerhand Anspielungen auf unterschiedliche Märchen ... all das hat mir hier sehr zugesagt. Ich könnte mir vorstellen, dass du auch eine sehr schöne Lesezeit mit diesem Buch hättest.
Das Problem mit der Leseliste/dem SuB kenne ich aber. Ich habe auch vor im Januar noch mal ein wenig "Neujahrslesen" zu betreiben :o)))))
Ich bin auch schon sehr gespannt, welche Geschichten uns in 2023 erwarten und auch auf deine zahlreichen schönen Kartenprojekte freue ich mich schon sehr <3
Ganz liebe Grüße
Tanja :o)
Hallo Tanja,
AntwortenLöschenwir hatten uns ja schon ein bisschen über das Buch unterhalten. Jetzt nachdem ich deine Rezension gelesen habe, habe ich noch mal einen besseren Eindruck von der Geschichte und der Vielseitigkeit bekommen. Vielen Dank für die interessanten Einblicke. Es hört sich nach einer spannenden und sehr abwechslungsreichen Geschichte an, in der so einiges drin steckt. Es bestärkt mich auf jeden Fall wieder darin, dass ich auch unbedingt mal eines der Bücher lesen muss. Im Januar und Februar werde ich das auf jeden Fall nicht unterbekommen, weiter plane ich aktuell noch nicht ;) Aber ich habe es noch nicht vergessen.
Liebe Grüße
Dana
Hallo liebe Dana,
Löschenich freue mich sehr, dass dich auch die ausführliche Rezension noch einmal in dem Gedanken bestärken konnte, ein Buch von Jaqueline zu lesen.
Ich kann dir auch schon jetzt verraten, dass die Autorin bereits dabei ist, ein neues Buch zu schreiben, das mich auch sehr angesprochen hat. Vielleicht könnte das auch etwas für dich sein.
Ich bin sehr gespannt, zu welchem Buch von Jacqueline du letztlich greifen wirst und wie es dir dann gefällt. Halte mich auf dem Laufenden :o)
Ganz liebe Grüße
Tanja :o)