Rezension zu Es wird keine Helden geben von Anna Seidl
Seitenzahl: 256 Seiten
Format: Taschenbuch
Preis: 8,99 Euro
ISBN: 978-3-8415-0402-9
Altersempfehlung des Verlages: Ab 14 Jahren
Abgeschlossene Erzählung
Inhalt:
Miriam ist dabei, als Matias Staudt,
ein Schüler, den viele Mitschüler immer nur gehänselt und gemobbt
haben, in der Schule Amok läuft. Auf der Suche nach einem Versteck,
muss sie mit anschauen, wie ihm Mitschüler zum Opfer fallen. Sie
erlebt den Tod ihres Freundes Tobi. Mit den Folgen dieser Tat werden
Miriam und ihre Freundinnen noch lange und schwer zu kämpfen haben.
Schreibstil:
Die Geschichte beginnt sofort
mittendrin. Schüsse ertönen. Miriam versucht im ersten Moment zu
begreifen, was da gerade passiert; im nächsten Moment ist sie auf
der Suche nach einem Versteck. Von der ersten Seite an ist die Angst
greifbar. Als Leser fühlt man die Panik, so als wäre man selbst vor
Ort am Tatort.
Zusammen mit Miriam erlebt man die Tage
„danach“. Während das Mädchen sich in Wut flüchtet und sich
von ihrer Umwelt abschottet, muss sie mit ansehen, wie ihre besten
Freundinnen sich von ihr distanzieren. Jede verarbeitet das Trauma
auf ihre eigene Art.
Aus Miriams Perspektive wird berichtet,
wie die Welt des Mädchens mit einem Schlag zusammenbricht. Die
glücklichen Zeiten mit den Freundinnen, die Unbeschwertheit: Mit den
Schüssen gehört das alles der Vergangenheit
an. Zu allem Überfluss reist die Mutter an, die sich in Miriams
Kindheit von der Familie verabschiedet hat, um ihr eigenes Leben zu
genießen.
Miriam will keine Hilfe von der
Familie, die ja eh nicht verstehen kann, was sie da durchlebt hat.
Sie will Matias Staudt, den Täter, hassen, der ja immer so gestunken
hat und der daran Schuld ist, dass ihr Leben zerbrochen ist. Sie will
einfach nur allein sein. In der Einsamkeit durchlebt sie die
Gedanken, die ihr durch den Kopf geschossen sind, als der Tod an die
Tür geklopft hat, sie leidet an Albträumen und immer wieder laufen
Szenen der Vergangenheit vor ihren Augen ab.
Phasen
der Lebensmüdigkeit
und Motivationslosigkeit nehmen von dem Mädchen Besitz. Sie verliert
den Appetit. Schuldgefühle und Trauer überkommen sie.
An einigen Stellen wirkt der Roman
durch den Mangel an wörtlicher Rede trostlos und trüb. Doch diese
Stellen sind wichtig, um die einzelnen Phasen der Trauerbewältigung
zu begreifen.
Vielleicht findet man die Protagonistin
stellenweise egoistisch und ungerecht in ihrem Handeln. Gerade dann,
wenn sie die Hilfe der Familie immer wieder abblockt und ständig nur
ihr eigenes Befinden sieht. So fallen hilflose Sätze wie diese
(Buchzitat): „Früher hast du mir doch erzählt, was in dir
vorgeht.“ - „Früher gibt es nicht mehr.“ Oder es gibt den
einen Moment, in dem Miriam sich ohne zu fragen das Portemonnaie des
Vaters greift, um sich hundert Euro zu nehmen. Ihre Gedanken dazu
lauten (Buchzitat): Tja, dann merkt er endlich mal, dass man sich im
Leben nicht alles wünschen kann.
Die Frage nach dem Warum dominiert bald
die Trauer. Auch Matias
Staudt war letztlich ein Opfer. Wenn die Protagonistin nach und nach
die Vergangenheit offenbart, wird dies offenbar.
Auch die Wut gegen die Mutter ist
nachvollziehbar. Sie verließ das Kind, um ihr eigenes Leben besser
genießen zu können. Doch in dem Moment, in dem Miriam die Mutter am
meisten braucht, ist diese zur Stelle.
Fazit:
Dieser
Roman ist sehr subtil. Dabei spielen die fünf Phasen
der Trauerbewältigung
(Wut, Depression, Verhandlung, Verleugnung, Akzeptanz) eine zentrale
Rolle.
Beeindruckend
ist die Darstellung der Charakterentwicklung
und die großangelegten Story-Bögen.
Nach und nach lernt
man die Geschichte rund um die Charaktere besser kennen.
Die
psychologisch hintergründige
Charakterisierung der Protagonisten versperrt einfache Urteile.
Charaktere, die man
zunächst hasste, begreift man plötzlich ein Stück weit.
Es wird keine Helden geben wirkt erst
dann vollständig, wenn man die letzte Seite gelesen und den
Buchdeckel zugeklappt hat.
Buchzitate:
Wenn die Stille dir das Leben rettet,
definierst du neu, was laut und was leise ist.
Mir ist trotzdem noch kalt.
Es kommt von innen. Von ganz innen, wo niemand rankommt.
Manchmal braucht man keine
Worte, um sich zu unterhalten. Manchmal sagt die Stille mehr als
tausend Worte.
Wir durchleben jeden
Augenblick nur ein einziges Mal. Er wird sich nicht mehr wiederholen.
Leider schätzen wir das Leben trotzdem nicht mehr.
Denn egal, wie viel Schmerz
du ertragen musst, egal, wie viele Tränen du vergießt, egal, wie
oft du hinfällst – solange es jemanden gibt, der dir die Hand
reicht, stehst du immer wieder auf.
Dann lernte ich Tobi kennen,
und ich entdeckte etwas wirklich Schönes am Erwachsenwerden. Tobi
hat mir gezeigt, dass man auch etwas bekommt, wenn alles Vertraute
verschwindet.
Kurzgefasst:
Spannung/Action:
Liebe:
Charaktere:
Handlungsstrang:
Schreibstil:
Im Gesamtpaket:
Also mir hat das Buch damals sehr gut gefallen und ich war überrascht wie gut die Gefühle und all die Gedanken der Hauptprota hier rübergekommen sind. Vorallem auch, wo das ein Debütroman ist und das Alter der Autorin berücksichtigt werden muss. Ich war wirklich beeindruckt!
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Martina
Hallo Martina,
Löschenich habe Anfangs nicht damit gerechnet, dass der Roman eher die Zeit nach dem Amoklauf belichtet. Sowas habe ich in der Art noch nicht gelesen. Du hast Recht: Die verschiedenen Emotionen wurden sehr gut rübergebracht.
Auf das Alter der Autorin habe ich gar nicht geachtet. Das werde ich mal nachholen.
Liebe Grüße Tanja
Hey Tanja,
AntwortenLöschenvon dem Buch habe ich schon so viel Gutes gehört. Ich mag solche Bücher total gerne die erst am Ende der Geschichte zu einem großen Ganzen werden. Und bei diesem Buch hört es sich für mich so an, als wenn das der Fall wäre. :-)
Liebe Grüße
Sandra
Hallo Sandra,
Löschenich habe das so empfunden. Die Protagonistin muss ihre Gefühle erstmal ordnen und durchlebt dabei verschiedene Phasen.
Für mich eine war das mal eine sehr interessante Herangehensweise an das Thema.
Liebe Grüße Tanja
Das hört sich aber interessant an, obwohl es kein Buch meines Lieblings-Genres ist. Eine sehr schöne und aussagekräftige Rezension, die mich neugierig zurück lässt.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Nisnis
Hallo Nisnis,
Löschenich freue mich, dass dich meine Rezension neugierig gemacht hat.
Zuvor habe ich zu diesem Thema schon ein Buch gelesen. Das ist allerdings schon länger her. Jodi Picoult mit Neunzehn Minuten kann ich dir auch sehr empfehlen, falls dich die Thematik interessieren sollte.
Liebe Grüße Tanja
Ich will das Buch auch noch auf jeden Fall lesen :)!
AntwortenLöschenDeine Rezension hat mir nur um so mehr bestätigt, dass ich das Buch diesen Monat unbedingt kaufen muss
Liebe Grüße und schönes Wochenende ♥
http://mutantly.blogspot.de/
Hallöchen :o)
LöschenOh, das freut mich sehr, dass meine Rezension dich so neugierig gemacht hat, dass du das Buch jetzt lesen wirst. Ich bin sehr gespannt, wie es dir gefallen wird.
Ganz liebe Grüße Tanja :o)
Das hört sich wirklich gut an, wobei ich besonders auch diese Phasen der Trauerbewältigung interessant finde...Davon habe ich bisher leider noch nichts gelesen...
AntwortenLöschenHallo Lena,
Löschenteilweise ist das Buch etwas düster. Aber ich denke das passt sehr gut zur Thematik. Ein schweres Thema, aber meines Erachtens gut umgesetzt.
Liebe Grüße Tanja :o)
Huhu Tanja,
AntwortenLöschenes freut mich wirklich total, dass dich dieses Buch auch von sich überzeugen konnte. Am Anfang haben wir ja einen ähnlichen Storyverlauf erwartet und wurden danach beide überrascht. Es ist total klasse, dass die Überraschung auch für dich letztendlich positiv war. Ich bin auch deiner Meinung, dass man die letzte Seite fertig gelesen haben muss, damit die Geschichte vollständig wirkt. Eine wunderschöne Rezension. <3
Ganz liebe Grüße
Leni =)
Hallo Leni,
Löschenich freue mich sehr, dass du meine Rezension zu diesem Buch gelesen hast, zumal ich ja auch erst durch deine wundervolle Rezension auf dieses Werk aufmerksam geworden bin :o)
Auch freue ich mich, dass wir hier eine so ähnliche Meinung haben. Ich denke diese Geschichte ist etwas Besonderes und lädt zum nachträglichen Nachdenken und Diskutieren ein.
Ganz liebe Grüße Tanja