Dienstag, 14. Juli 2020

Durchgelesen: Ich fürchte mich nicht

Rezension zu Ich fürchte mich nicht von Tahereh Mafi


Verlag: Goldmann (Werbung gem. TMG)
Seitenzahl: 336
Format: Taschenbuch (auch als Hardcover erhältlich)
Preis: 9,99 Euro
Übersetzer: Mara Henke
ISBN: 978-3-442-47849-1
Band 1 einer Reihe










Inhalt:


Vor nunmehr schon 264 Tagen wurde Juliette in eine Irrenanstalt eingewiesen. 264 Tage, in denen sie, in Isolationshaft weggeschlossen, mit niemandem ein Wort wechseln konnte. Von einem Tag auf den anderen öffnet sich die Tür und ein Junge betritt ihre Zelle. Auch Adam ist ein Gefangener. Sie meint, Adam zu kennen, ob das auf Gegenseitigkeit basiert, bleibt offen. Irgendwoher kennt sie ihren neuen Mitbewohner. Schnell arrangieren sich die Zellengenossen nach anfänglichen Schwierigkeiten miteinander.

Doch kaum hat Juliette eine zarte Bindung zu Adam aufgebaut, öffnet sich ihre Zellentür erneut. Das Reestablishment ist gekommen, um das Mädchen aus ihrer Gefangenschaft zu befreien. Jedoch nicht, ohne eine Gegenleistung zu verlangen. Juliette wird Warner, dem Befehlshaber, vorgeführt. Dieser bietet ihr einen Deal an. Juliette soll für ihn arbeiten. Sie soll die Frau an seiner Seite werden. Fortan würde er ihr Sicherheit und Schutz bieten. Ihr würde es nie mehr schlecht gehen.

Doch Warner, der für den eigenen Vorteil über Leichen geht, scheint genau das Gegenteil von Adam zu sein. Er will Macht, er will sich Gehör verschaffen und dazu ist ihm jedes Mittel Recht. Und Juliette? Sie möchte ihren Frieden, ihre Freiheit nach 264 Tagen Gefangenschaft. Sie möchte sich nicht instrumentalisieren lassen. Doch steht sie alleine da in einer Welt, die ihr gänzlich feindlich gegenübersteht.
Wie soll sie vor Warner fliehen und kann sie mit Adam, einem Jungen voller Geheimnisse, trauen?


Meinung:


Bereits auf den ersten Seiten von „Ich fürchte mich nicht“ fällt der Schreibstil von Tahereh Mafi auf. Der sehr poetische, wortgewaltige Stil ist anfangs zwar etwas gewöhnungsbedürftig, aber er macht das Buch zu etwas Besonderem.
Juliette, die Protagonistin der Geschichte, ist ein Mädchen, das über Jahre in einer kleinen Zelle ohne menschlichen Kontakt ausharren musste. Sie ist verunsichert. Dieser Tatsache verleiht die Autorin auch sprachlich Ausdruck. Gedanken, die sich Juliette zu denken verbietet und Sätze, die das Mädchen lieber nicht aussprechen möchte, sind durchgestrichen.

Wie bereits erwähnt, ist Juliette ein Mädchen, das es in ihrem Leben nicht immer einfach hatte. Seit sich ihre Gabe – oder wohl eher ihr persönlicher Fluch – das erste Mal gezeigt hat, seit sie das erste Mal mit ihrer Berührung einem anderen Menschen Leid zugefügt hat, fühlt sie sich in ihrer eigenen Haut nicht mehr wohl. Juliette verschließt sich vor anderen Menschen. An einem besonderen Tag ihres Lebens ereignet sich dann ein Vorfall, der ihr Leben von einem Tag auf den anderen völlig aus der Bahn wirft. Das Mädchen wird in eine Irrenanstalt gesperrt. Hier wird ihr jeglicher menschlicher Kontakt entzogen.
Kein Wunder, dass die Protagonistin also ständig mit sich selbst kämpft. Sie hat Angst vor dem, was sie anderen antun könnte. Sie hat Angst vor der Reaktion ihres Umfeldes. Ihr fehlt es an Selbstbewusstsein und Vertrauen.

Als Adam ihre Zelle betritt, verändert sich für das Juliette einiges. Erinnerungen überfluten sie. Sie erfährt erstmals nach langer Zeit ein wenig Menschlichkeit. Kein Wunder, dass Juliette sich schnell und heftig verliebt. Adam ist, zumindest auf den ersten Blick, ein absoluter Good Boy. Alles an ihm ist perfekt. Er ist zuvorkommend. Er will nur das Beste für Juliette. Er würde sich selbst opfern, um ihr Gutes zu tun.

Und dann gibt es da noch Warner. Den Vertreter des autoritären Systems, dem Reestablishment.

An dieser Stelle muss ich kurz ausholen, um auf den Weltenentwurf der Autorin einzugehen. Seit der Machtergreifung des Reestablishments hat sich auf der Welt einiges verändert. Die vielen Versprechungen, die vor der Wahl gemacht wurden, wurden nicht gehalten. Mittlerweile gibt es keine Häuser mehr. Die Welt scheint ein einziges Industriegebiet zu sein. Nur noch vereinzelte Baracken zieren die Straßen. Eine einzige Automarke hat sich auf dem Markt etabliert. Die Kosten für ein Auto sind so hoch, dass sich keiner den Kauf mehr leisten kann. Essen und Futter für Tier und Mensch sind nach der Klimakatastrophe extrem knapp geworden. Es gibt so gut wie keine Feldfrüchte und Blumen mehr. Am Himmel sieht man nicht einen einzigen Vogel. Das Gesundheitssystem ist völlig zusammengebrochen. Alte Menschen werden ausgesondert, die Verwirrten und Kranken werden eingesperrt. Nur die Starken überleben. Ausgangssperren und bewaffnete Patrouillien stellen die Ordnung in den Städten sicher. Das Reestablishment bestimmt, das Leben eines jeden Menschen.

Kommen wir zurück zu Warner. Als Warner in Juliettes Leben tritt, bietet sich dem Mädchen eine Chance. Sie hat die Möglichkeit für ihn zu arbeiten. Warner ist ein teuflischer, verführerischer Soziopath. Er foltert, mordet, quält, lässt sich von niemandem etwas sagen und dies alles mit einer Beharrlichkeit, die an Wahn grenzt.


Fazit:


Tahereh Mafi erschafft mit ihrem Reihenauftakt, „Ich fürchte mich nicht“, einen dystopischen Weltentwurf, der radikal pessimistisch über Mensch und Gesellschaft urteilt. Ihr Weltenentwurf strotzt vor Komplexität.

Erzählt wird eine ruhige, atmosphärisch dichte und poetische Geschichte. Deren Protagonistin wird über lange Strecken der Geschichte hinweg von ihrer Angst beherrscht.
Das Buch zeichnet sich durch einen spannenden Plot, interessanten Konstellationen und gesellschaftspolitische Kritik aus.

Band eins dieser Reihe weckt also die Neugier des Lesers auf die zwei bereits übersetzten Folgebände nebst E-Shorts. Ob Band vier nach dieser langen Wartezeit noch ins Deutsche übersetzt werden wird, bleibt jedoch abzuwarten.



Buchzitate:


Ich sitze auf dem Boden, und da riecht es nach Eis und Metall und Schmutz. Zellengenosse mir gegenüber im Schneidersitz. Seine Stiefel glänzen zu sehr für diesen Ort.



Kurzgefasst:


Spannung/Action:






Liebe:






Charaktere:






Weltenaufbau:






Handlungsstrang:






Schreibstil:






Im Gesamtpaket:


10 Kommentare:

  1. Hallo Tanja

    Das Buch habe ich vor Ewigkeiten auch mal als Hörbuch gehört und eigentlich wollte ich die Fortsetzungen schon lange lesen, aber bin nie dazu gekommen. Mit dem Schreibstil hatte ich ehrlich gesagt meine Probleme, deshalb habe ich letztendlich aufs Hörbuch zurückgegriffen, da konnte ich der Geschichte besser folgen :D

    Schön, dass dich der Reihenauftakt insgesamt aber neugierig machen konnte. :) Wirst du die Fortsetzungen auch lesen?

    Liebe Grüsse
    Mel

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    1. Hallo liebe Mel,
      ich verstehe, dass du Schwierigkeiten mit dem Schreibstil hattest. Ich musste da auch erstmal reinkommen. Den zweiten Band habe ich schon gelesen. Ich fand ihn noch besser als den ersten. Die Figuren bekommen dort noch viel mehr Tiefe. Der dritte liegt schon auf dem SuB :o)

      Ganz liebe Grüße
      Tanja :o)

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  2. Hi liebe Tanja,

    ich war damals von der Reihe begeistert und fand sie großartig. Jetzt, wo ich deine Rezension so lese, habe ich Lust auf einen Reread, weil doch viele Details aus meinem Gedächtnis entschwunden sind :-)

    Liebe Grüße
    Desiree

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    1. Hallo liebe Desiree,
      ach, das freut mich, dass du beim Lesen der Rezension gleich Lust auf einen Reread bekommen hast <3 Mir steht ja noch der dritte Band bevor. Er liegt weit oben auf dem SuB. Erging es dir auch so, dass du den zweiten Band sogar noch besser fandest als den ersten?

      Ganz liebe Grüße
      Tanja

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  3. Guten Morgen liebe Tanja

    Dein Fazit macht wirklich neugierig. Ich sollte den 1. Teil mal vom SuB holen. Es gibt einfach so viele Bücher. Wir werden sie nie alle lesen können.

    Liebe Grüße,
    Gisela

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    1. Hallo liebe Gisela,
      ja, leider. Ich denke es gibt auch eine Menge gute Bücher, von denen wir vielleicht in unserer Lebenszeit nie erfahren werden.

      Hol den 1. Teil vom SuB. Es lohnt sich :o)

      Ganz liebe Grüße
      Tanja :o)

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  4. Huhu liebe Tanja,

    es ist schon sooooo lange her, dass ich dieses Buch gelesen habe. Ich weiß aber natürlich noch, dass ich es gut und außergewöhnlich fand. Schön, dass es dich so gut unterhalten konnte.

    Liebe Grüße,
    Ally

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    1. Hallo liebe Ally,
      hast du "nur" den ersten Teil gelesen oder kennst du auch die anderen Bände? Ich fand den zweiten Teil ja sogar noch besser als den ersten und freue mich schon darauf irgendwann den dritten vom SuB befreien zu können :o) Ich freue mich, dass auch du so schöne Lesestunden mit dem Reihenauftakt hattest.

      Ganz liebe Grüße
      Tanja

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  5. Einen schönen guten Abend liebe Tanja,
    ich bin ja eigentlich nicht so der Dystopie-Fan, der Inhalt dieses Buches hat mich allerdings neugierig gemacht. Wie ich eben lesen konnte, haben hier viele den ersten Band bereits gelesen und scheinen diesen positiv in Erinnerungen zu haben.
    Ich werde mir mal den Titel im Hinterkopf abspeichern.
    Ganz liebe Grüße
    Andrea ♥

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    1. Hallo liebe Andrea,
      ich lese sehr gerne Dystopien, daher fällt es mir gerade schwer zu sagen, ob das Buch auch jemandem gefallen könnte, der diese Richtigung nicht so gerne mag. Aber ich denke ... und hoffe ... schon :o)

      Ganz liebe Grüße
      Tanja :o)

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