Mittwoch, 2. November 2022

Durchgelesen: Lupus Noctis

Rezension zu Lupus Noctis von Melissa C. Hill und Anja Stapor

 

Verlag: Dressler (Werbung gem. TMG)
Seitenzahl: 416
Format: Klappbroschur
Preis: 15,00 Euro
Altersempfehlung des Verlages: Ab 14 Jahren
ISBN: 978-3-7513-0085-8
Abgeschlossene Erzählung

 

 





Inhalt:


Einmal im Jahr treffen sich Theo und seine alten Freunde, die mittlerweile über verschiedene Städte verteilt wohnen, um ihr geliebtes Liverollenspiel „Lupus Noctis“ zu spielen. Werwölfe gegen Menschen, so lautet das Spielprinzip. Wer welche Rolle spielt, das entscheidet das Los. Fest steht: Nur eine Fraktion wird überleben. Und wenn alle sterben? Dann ist definitiv etwas schief gelaufen!

Auch in diesem Jahr hat der Organisator des Spiels Theo sich wieder einige Gedanken für ein cooles Spielsetting gemacht. Die Freunde waren schon in der verlassenen Katzenvilla, in düsteren Ruinen und an anderen Lost Places. Umso gruseliger, umso besser. Doch in diesem Jahr, das muss Theo sich selbst eingestehen, hat er sich, was den Spielort betrifft, selbst übertroffen. Denn in diesem Jahr wird „Lupus Noctis“, dank dem von Tante Bene geklautem Schlüssel, in dem unter der Berufsschule liegendem Hilfskrankenhaus, einer Bunkeranlage, die noch aus der Zeit des Kalten Krieges stammt, stattfinden. Hier wird sie niemand finden. Hier können sie ihr Spiel so richtig schön ausleben.

In diesem Jahr, da wird es jedoch noch eine Neuerung geben. Denn Hanan hat keine Zeit gefunden und daher muss jemand anderes einspringen. Dieses Mal wird das erste Mal Theos Nachhilfeschülerin Josefine am Spiel teilnehmen. Weder weiß sie, was sie erwartet, noch kennt sie – über Theos Schwärmereien für das Spiel hinaus – die Regeln.

Im Bunker angekommen, werden die Rollen verteilt. Die Freunde richten sich in den kalten und dunklen Räumen ein. Hier ist es doch sehr gruselig. Denn neben den Leuchtstreifen an den Wänden erhellt nur eine summende Neonröhre die Räume. Der Bunker ist riesig, das müssen Theo und seine Freunde bald feststellen. Entfernt man sich voneinander, lassen sich fortan Stimmen oder Schreie nur noch mehr oder weniger exakt lokalisieren.

Es gibt einen OP-Saal mit einer Säge. Es gibt eine Kinderkrankenstation mit winzigen Kitteln, Schnabeltassen, Windeln und Spielhöschen. Eine Entgiftungsstation, in der die durch Atomangriffe kontaminierte Kleidung gereinigt und Betroffene isoliert und behandelt werden könnten. Natürlich gibt es auch Waschräume und eine Teeküche …

Die Freunde gruseln sich bereits vor Beginn des Spieles. Noch ist es nicht Nacht. Doch dann wird das Licht ausgeschaltet werden und jeder hat nur noch sein kleines Teelicht. Ein Teelicht, das erlöschen kann, wenn die andere Fraktion einen „getötet“ hat. Diese Wonnen der Angstlust, machen „Lupus Noctis“ erst aus.

Doch was passiert, wenn einer Achluophobie (Angst vorm Dunkeln) hat, wenn die zwei besten Freundinnen aufeinandertreffen, die beide in den gleichen Jungen verliebt sind, der sich gemeinsam mit ihnen in der Bunkeranlage befindet. Wenn Geheimnisse verschwiegen worden sind und plötzlich der Schlüssel, die verkörperte Möglichkeit den Ort des Grauens zu verlassen, verloren geht? Dann ist es vermutlich weniger schön, wenn auch noch das Licht ausfällt ...



Meinung:


Ich kann mich nicht erinnern, wann ich mich das letzte Mal so bei einem Jugendbuch gegruselt habe. Vermutlich noch nie!

Melissa C. Hill und Anja Stapor haben schon in der gemeinsamen Schulzeit davon geträumt, ein Buch gemeinsam zu schreiben. Die eine schreibt Jugendbücher, die andere Thriller. Was dabei herauskommt, wenn sich dieses Autorenpärchen zusammentut, das erfahrt ihr in Lupus Noctis: Ein Roman, der den Leser einen Schauer nach dem anderen über den Rücken jagt und ihn verstohlen unter sein Bett schauen lässt.

Schon auf den ersten Seiten gibt es immer wieder kleine Andeutungen, kleine Bruchstücke, die den Leser spüren lassen, dass das Abenteuer in der Bunkeranlage unter der Berufsschule nicht gut ausgehen wird. Nach und nach lernt man die sechs Spieler kennen. Da wären zum Beispiel Marcel, der unter Angst im Dunkeln leidet und mittlerweile mit Lena zusammen ist. Der vor Kurzem erst Opfer einer unbekannten Stalkerin geworden war und alles andere als psychisch stabil erscheint. Lena, die sich mit aller Macht an Marcel klammert und Angst davor hat, dass dieser zurück zu Eileen gehen könnte, ihrer besten Freundin, die so viel weltoffener und spontaner ist und die über einen kurzen Flirt gar nicht lange nachzudenken scheint. Eileen, die oft unbedacht handelt und das Herz auf der Zunge trägt. Jakob, der Stille, der sich immer im Hintergrund gehalten hat. Josefine, Theos Nachhilfeschülerin, die schüchterne Asthmatikerin, die das erste Mal mit dabei ist und noch gar nicht genau weiß, was sie so alles erwartet. Und Theo selbst, der Organisator, der den Ton angibt, die Regeln aufgestellt hat und der mit Leib und Seele für dieses Spiel brennt.

Allerhand Figuren. Gerade zu Anfang kommen noch weitere Nebenfiguren hinzu. So erhält der Leser zum Beispiel einen kleinen Einblick in die Familien der Teilnehmer/innen und lernt Hanan, ein weiteres Cliquenmitglied kennen, das in diesem Jahr leider nicht an dem Spiel teilnehmen kann, weil sie stattdessen lernen muss. Diese Vielzahl an Charakteren wirkte auf mich im ersten Moment erschlagend. Allerdings kann ich Lesern, die ähnlich empfinden, bereits jetzt beruhigen. Hill und Stapor führen ihre Helden zusammen und führen ihre Leser durch das Gestrüpp aus Geheimnissen und Motivlagen.

Dass die Autorinnen sich mit dem Spiel „Lupus Noctis“ ausfühlich auseinandergesetzt haben, das merkt man ziemlich schnell. Dadurch, dass in diesem Jahr eine neue Spielerin zur Gruppe gestoßen ist, hat Theo die Möglichkeit, die Regeln zu erklären und der Leser somit auch, das Spielprinzip zu verstehen. So gibt es zwei Fraktionen, die gegeneinander ankämpfen. Die Werwölfe und die Menschen. Dazu gibt es noch einige Schlüsselcharaktere, die das Spiel interessanter werden lassen. So gibt es zum Beispiel unter den Menschen eine Hure, die während der Nacht das Zimmer verlässt, um einen anderen Mitspieler zu besuchen. Es gibt den Ritter, dessen eigener Tod auch zu dem eines Werwolfes führen kann. Die Hexe, die heimlich eine Kerze wieder anzünden darf. Einen Werwolf, der einen Menschen mit einer flauschigen Pfote berühren und somit auf die andere Seite holen kann u.v.m..

Wenn mitten in der Dunkelheit nur noch ein kleines Teelicht leuchtet und man in einem verlassenen, übergroßen Bunker alleine in einem Zimmer sitzt und sich dann noch ein Mitspieler zu einem schleicht. Das hätte gereicht, um mir einen kalten Schauer über den Rücken zu schicken. Doch das Autorenduo hat da noch einige Einfälle mehr. Soviel sei verraten. Denn bereits auf den ersten Seiten ertönen Geräusche, die vermuten lassen, dass die sechs Jugendlichen nicht alleine hier unten sind. Auf einer der Liegen ist ganz deutlich der Abdruck eines Menschen in der Decke zu erkennen. Damit der Schlüssel nicht verloren geht, bleibt er in der Tür stecken, da, wo ihn keiner so richtig im Auge hat und dann gibt es da noch den Lichtschalter, den die Spieler betätigen, um Nachts das Licht auszuschalten. Und das ist nicht einmal die Hälfte von dem, was den Leser hier erwartet ...



Fazit:


Sechs Jugendliche, die sich jedes Jahr zu einem Liverollenspiel an verlassenen und unheimlichen Orten treffen. In diesem Jahr handelt es sich dabei um ein altes Hilfskrankenhaus in einem Bunker unter der Berufsschule. Ein verlorener Schlüssel, ein Junge, der Angst im Dunkeln hat, eine Asthmatikerin und allerhand Geheimnisse. Das ist der Horizont, auf den der Leser zulaufen muss, um herauszufinden, wie das Erahnte gruselige Wirklichkeit wird.

Melissa C. Hills und Anja Stapors überbordender Ideenreichtum, die tolle Atmosphäre sowie die vielen kleinen, gruselhaften Details machen das Buch zu einen Pageturner, den man nicht mehr aus der Hand legen kann.

Gegen Ende gibt es, in einem im Übrigen durchdachten Plot, immer mehr Momente, die an einen Deus ex machina erinnern und sich nur bedingt in den Erzählfluss fügen.

Freunde von Horror- und Spannungsliteratur werden sich aber gut aufgehoben fühlen. Nervenschwache Leser/innen sollten sich allerdings überlegen, ob dieses Buch das Richtige für sie ist ...



Kurzgefasst:


Spannung/Action: 





Charaktere: 





Weltenaufbau: 





Handlungsstrang: 





Schreibstil: 




 

Im Gesamtpaket: 




 



10 Kommentare:

  1. Huhu Tanja,

    du konntest mich schon vor deiner Rezension ein wenig neugierig auf das Buch machen. Mich erinnert das Rollenspiel auch an eins, das wir im Bus nach Spanien auf unserer Abschlussfahrt gespielt haben. Da werden auch Menschen, Wölfe, ein Zauberer und ein Erzähler gewählt. Die Wölfe dürfen in der Nacht aufwachen (sich gegenseitig ansehen und erkennen). Der Zauberer gehört zu den "Menschen" und darf die Augen ebenfalls öffnen, aber nicht verraten wer ein Wolf ist oder dass er Zauberer ist. Nach der Nacht dürfen alle wieder die Augen öffnen und diskutieren, wer wohl ein Wolf ist. Jeder versucht sich gegenseitig zu überzeugen. Die Wölfe versuchen einen Menschen als Wolf abzustempeln, der Zauberer wird versuchen einen Wolf zum Verdächtigen zu machen. Am Ende wird ein Spieler gewählt und scheidet aus. Am Ende gewinnen entweder die überlebenden Wölfe oder die Menschen.

    Das Buch von dir hört sich jedoch viel gruseliger an. Es schreckt mich ein wenig ab, dass du dich gegruselt hast und es mit Horror vergleichst. ='D Aber ich bin auch neugierig, weil es mich an unserer Abschlussfahrt-Spiel erinnert. Das muss ich mir wohl noch ein wenig überlegen. ;-)

    Ganz liebe Grüße
    Leni

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    1. Hallo liebe Leni,
      vielleicht ist das von dir genannte Spiel genau das, was die Autorinnen als Anleihe für dieses Buch genommen haben. Das kann gut sein. Das klingt auf jeden Fall, als gäbe es da einige Parallelen.

      Ich fand's megagruselig. Mich würde da auch mal interessieren, wie es anderen Leser/innen geht. Ich bin ja nun auch etwas zartbesaiteter, was das Thema Thriller/Horror anbelangt.

      Solltest du es lesen, musst du mir unbedingt Bescheid geben! :o)

      Ganz liebe Grüße
      Tanja :o)

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  2. Hallo liebe Tanja,

    auf diese Rezension war ich dank deiner Sprachnachrichten ganz besonders neugierig und ich muss sagen, dass du es dank deiner Rezension geschafft hast, dass ich das Buch nun unbedingt lesen möchte. :-)
    Die Ausgangslage klingt schon richtig gut und spannend. Und auch das was dann dort passiert klingt nach einer gehörigen Portion Grusel. Passt doch perfekt zur aktuellen Jahreszeit.
    Handelt es sich hierbei um einen Einzelband oder besteht die Möglichkeit für weitere Bände?

    Liebe Grüße
    Sandra

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    1. Hallo Sandra,
      ich freue mich so sehr, dass du das Buch auch lesen möchtest. Ich bin sehr gespannt, ob du dich beim Lesen auch so gruseln wirst. Du musst unbedingt berichten, solltest du es lesen! :o)

      Es ist ein in sich abgeschlossener Einzelband.

      Ganz liebe Grüße
      Tanja :o)

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  3. Hallo liebe Tanja,

    huii das Buch hatte ich gar nicht so auf dem Schirm, aber was du beschreibst, klingt richtig spannend. Das Buch schreibe ich mir auf jeden Fall mal auf die Wunschliste.

    Liebe Grüße
    Jenny

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    1. Hallo liebe Jenny,
      das Buch war auch megaspannend. Ich glaube, ich habe mich bei einem Jugendbuch bislang noch nie so gegruselt.
      Ich freue mich, dass ich dich mit der Rezension auf dieses Buch neugierig machen konnte.

      Ganz liebe Grüße
      Tanja :o)

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  4. Ui, das hört sich nach einem Buch ganz nach meinem Geschmack an. Das muss ich UNBEDINGT auf meine Leseliste setzen.
    Dann kann ich mit diesem Horror dem Horror der Küche entfliehen :o .... die Handwerker suchen gerade nach dem Fehler und ich weiß gerade nicht, ob ich mir das anschauen möchte oder nicht

    Ich wünsch dir einen guten Start ins Wochenende
    GLG Sigrid

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    1. Hallo liebe Sigrid,
      ich musste gerade so lachen. Auch, wenn es eigentlich gar nicht witzig ist, was du da aktuell mit deiner Küche durchmachen musst. Aber der Vergleich war irgendwie schön. :o) Ich drücke die Daumen, dass die Handwerker es bald hinbekommen. Das dauert ja schon eine ganz schöne Weile!

      Also wenn du auf Spannungslektüre stehst und dich gerne gruselst, dann ist dieses Buch definitiv was für dich.

      Lass es mich wissen, solltest du es lesen.

      Ich wünsche dir auch einen ganz wundervollen Start ins Wochenende.

      Ganz liebe Grüße
      Tanja

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  5. Hallo liebe Tanja :)

    Wenn der SuB nicht schon so hoch wäre ... wieder eine Buchvorstellung von dir, die mich unglaublich neugierig auf das Buch macht *-* Normalerweise sind Thriller nicht unbedingt mein Genre und ich gehöre wohl auch eher zu den nervenschwachen Leser:innen, die die Finger von diesem Titel lassen sollten, aber es klingt einfach zu gut. Wenn mir das Buch zufällig irgendwo begegnen sollte, kann ich also für rein gar nichts garantieren :D

    Liebe Grüße
    Lisa von Prettytigers Bücherregal (Blog & Instagram)

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    1. Hallo liebe Lisa,
      ich bin auch so absolut kein Thriller- und noch viel weniger ein Krimileser. Und ich bin auch ganz bei dir, was das Thema "nervenschwache Leserin" betrifft :o)
      Ich werde mit Sicherheit auch weiterhin einen Bogen um diese extreme Spannungsliteratur machen. Das ist einfach nichts für meine Nerven. Aber das ändert auch nichts daran, dass dieses Buch einfach richtig gut war.

      Ich bin sehr gespannt, ob du es lesen wirst und was du dann dazu sagen wirst :o)

      Ganz liebe Grüße
      Tanja :o)

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