wie der ein oder andere von euch
durch die Vorankündigung vielleicht schon erfahren hat, planen Leni
und ich am folgenden Samstag um 14:00 Uhr einen
ganz besonderen Bloggerbrunch. Gemeinsam mit euch wollen wir in vier
bis fünf Fragen über das Thema „Ein Buch schreiben – aber wie“
sprechen. Im Vorfeld haben wir euch gebeten uns eure Fragen zu
schicken, damit wir sie an den Autor und Podcaster Marcus Johanus
zusenden können.
Gemeinsam mit der Bloggerin Kati
haben wir nun einen Fragenkatalog zusammengestellt. Marcus hat sich
an die Tastatur gesetzt und uns ausführlich geantwortet. Leni und
ich sind froh euch nun seine Antworten in einem Interview
präsentieren zu können.
Unser herzlicher Dank geht an
Marcus, dass er sich trotz strammen Terminplan die Zeit genommen hat,
um an unserer Aktion teilzunehmen.
Aufgrund der Länge des Interviews
haben Leni und ich beschlossen den Artikel in zwei Teile
aufzugliedern. Heute geht es weiter mit dem zweiten Teil unseres
Interviews zum Thema „Ein Buch schreiben – aber wie?“. Für
die, die heute erst dazu geklickt haben:
Wir wünschen euch viel Spaß mit
dem nun folgenden Artikel :o)
Tanjas Fragen:
Wie viel Wert misst du dem ersten
Satz in einem Buch bei? Meinst du er ist für den ersten Eindruck
ausschlaggebend? Worauf sollte man beim ersten Satz achten?
Ja, ich denke der erste Satz ist
wirklich entscheidend. Wie sollte es auch anders sein? Es mag Autoren
geben, die ihren Leserinnen Geduld abverlangen dürfen. Ich habe
durchaus schon Bücher gelesen, die erst nach den ersten 50-100
Seiten spannend wurden. Das würde ich aber keiner Erstautorin
empfehlen und ich selbst würde es einfach nicht machen.
Der erste Satz sollte meiner Meinung
nach mehrere Funktionen erfüllen: Er sollte in allererster Linie
neugierig machen, aber auch den Ton und das Genre des Romans
vorstellen. Idealerweise wirft er eine Frage auf, die im Kapitel
und/oder am Ende des Romans beantwortet wird.
Ein guter erster Satz ist wie ein
Versprechen, eine Art Vertrag zwischen Autorin und Leserin: Schau
her, dieses ist mein Buch, ich verspreche dir dieses oder jenes
Leseerlebnis. Du wirst am Ende damit belohnt, ein spannendes und für
dich interessantes Buch gelesen zu haben. Dafür kaufst du halt mein
Buch.
Kennst du das Problem
Schreibblockade? Wie gehst du dagegen an?
Jein. Die klassische Schreibblockade,
dass ich vor dem blanken Monitor sitze und nicht weiß, was ich als
nächstes schreiben soll, kenne ich nicht. Ich weiß aber auch gar
nicht, ob die in dieser Form überhaupt jemand hat. Meiner Meinung
nach gehört sie zu den großen Mythen des Autorendaseins.
Es ist schon so, dass ich Phasen habe,
in denen ich weniger produktiv bin. Das liegt dann aber meistens
nicht daran, dass ich mit dem Schreiben selbst Probleme habe oder
dass mir nichts einfällt. Ich bin dann eher durch andere Dinge
blockiert. Ereignisse oder Aufgaben aus dem restlichen Leben, zum
Beispiel.
Dagegen anzugehen ist im Prinzip die
Hauptaufgabe jeder Autorin, die keine Vollzeitautorin ist. Es ist
schwierig, in einem turbulenten Leben mit Job, Familie und anderen
Verpflichtungen, die Gelegenheit zum Schreiben jeden Tag zu finden.
Dabei ist Zeit nicht unbedingt immer das größte Problem. Jedenfalls
nicht bei mir, obwohl es an ihr auch häufig mangelt. Die noch
größere Schwierigkeit ist, immer in den Workflow zu finden.
Ich habe da Tools und Techniken, die
manchmal helfen. Manchmal aber auch nicht. Am Ende ist es meiner
Meinung nach am wichtigsten, nicht alleine zu sein, sondern Menschen
zu haben – andere Autorinnen, gute Freunde -, die mir immer wieder
dabei helfen, in den Arbeitsfluss zu kommen, meine Prioritäten
richtig zu setzen.
Es ist eine der größten und
gefährlichsten Illusionen, dass man als Autorin immer ein
Einsiedlerdasein führen muss.
Was tust du, um dich als Autor
weiterzuentwickeln? Hast du Tipps für werdende Autoren, wie sie an
sich arbeiten können?
David Bowie soll einmal gesagt haben,
dass es für Künstlerinnen wichtig ist, sich immer stets ein kleines
Stück aus der Komfortzone zu bewegen. Wenn ich mir Bowies Werk so
anhöre, stelle ich für mich fest, immer dann, wenn er entweder in
seiner Komfortzone geblieben ist oder sich zu weit aus ihr
hinausbewegt hat, gefallen mir die Platten nicht.
Ich denke also, dass diese Bemerkung
stimmt und sehr wichtig ist. Ich versuche deswegen mich mit jedem
Projekt ein kleines Stück aus meiner Komfortzone hinaus zu bewegen,
aber halt auch nicht zu weit. Ob das dann am Ende wirklich gelingt,
kann ich natürlich alleine nicht beantworten.
Wobei ich denke, dass man als
Erstautorin – was z.B. Genre, Thema, Stil usw. angeht – durchaus
in seiner Komfortzone bleiben darf und auch sollte. Allein das
Projekt, einen Roman zu schreiben, ist schon so ein großes Vorhaben,
dass ich darauf achten würde, mich nicht zu überfordern.
Wie organisierst du dich als Autor
für die Buchmesse? Legst du einen Terminplan fest? Welche
Veranstaltungen würdest du Autoren unbedingt empfehlen wollen? Hast
du andere Tipps und Tricks, wie ein Messtag einen Autor in seiner
Entwicklung weiterhelfen kann?
Für diese Frage bin ich nicht
unbedingt der kompetenteste Ansprechpartner. Ich organisiere meine
Messebesuche bisher relativ wenig. Als ich mit Axel Hollmmann
zusammen als Die SchreibDilettanten unterwegs war und viele
Interviews geführt habe, da waren wir natürlich ziemlich
organisiert.
Da ich es aber leider immer nur
schaffe, einen Tag auf den Buchmessen zu sein, versuche ich einfach
so viel wie möglich in dieser Zeit zu schaffen und offen für
Begegnungen und Gespräche zu bleiben. Vieles ergibt sich spontan.
Vieles verpasse ich aber auf diese Weise natürlich auch. Da muss ich
noch dran arbeiten.
Ich habe schon oft den Satz von
Gesprächspartnern gehört: Schreiben ist nichts für mich. Ich kann
das einfach nicht. Mir fehlt die Fantasie für so was. Wie denkst du
über diese Aussage?
Niemand muss schreiben. Schreiben ist
eine anstrengende und fordernde Tätigkeit, die viel bringt, einem
aber auch viel abverlangt.
Andererseits steckt hinter dieser
Aussage natürlich wiederum die Überzeugung, man brauche ein
bestimmtes Talent, eine angeborene Gabe, um schreiben zu können. Das
ist natürlich Quatsch.
Diese »Talent vs. Handwerk«-Debatte
lauert ja überall und alle Seiten haben gute Argumente. Immer wieder
wird dann gesagt: »Aber ein gewisses Talent gehört dazu, sonst wird
das nix.« Mag sein. Ich halte das aber für eine gefährliche
Einstellung. Für mich ist der wichtigste Frage: Möchte ich wirklich
gerne schreiben oder nicht?
Zu dem echten Willen zum Schreiben
gehört dann halt für mich auch die Bereitschaft dazu, Kritik
einstecken zu können und hart an sich zu arbeiten. Das setzt auch
ein gesundes Maß an Selbsterkenntnis voraus, die Fähigkeit, seine
eigenen Stärken und Schwächen recht gut einschätzen zu können.
Das sind alles viel, viel wichtigere
Eigenschaften als Fantasie.
Lenis Fragen:
Ergibt es Sinn, sich einen Plan fürs
Buchschreiben zu erstellen? Welche Schritte würdest du planen?
(Zum Beispiel sollte man sich einen
Schreibplan erstellen, indem man sich gewisse Zeichenanzahlen als
Ziel setzt oder ergibt ein Handlungsplan Sinn?)
Oh je. Das ist wohl in
Autorinnenkreisen die am heftigsten diskutierte Frage, die es gibt,
fürchte ich. Ich würde sagen: Keinen Plan zu haben, keine
quantitativen Ziele zu besitzen, ist ein Zeichen von mangelnder
Professionalität. Und dann gibt es aber solche Leute wie Stephen
King, die beides nicht tun und sehr erfolgreich sind.
Oft höre ich, dass Menschen sich in
ihrer Kreativität eingeengt fühlen, wenn sie Planen und sich
quantitative Ziele setzen. Ich kann das zumindest von mir nicht
bestätigen. Ich kriege nichts hin, wenn ich nicht vorher einen guten
Plan habe und mir ganz bewusst selbst Deadlines setze, bis wann ich
womit fertig sein will.
Wie beurteilst du das „einfach
drauf losschreiben“-Verfahren?
Funktioniert für mich nicht. Ich habe
es wirklich fast zwei Jahrzehnte lang probiert und damit meine Zeit
verschwendet.
Wie findet man den geeigneten
Schreibstil für das eigene Buch?
Wie alles andere auch, würde ich
sagen: Ich überlege mir, welchen Roman ich schreiben will. Welche
Wirkung will ich erzielen? Was brauche ich dafür?
Es ist ein bisschen wie im Film: Welche
Atmosphäre soll eine Szene haben? Was brauche ich an Maske,
Beleuchtung, Musik und SFX? Was müssen die Schauspielerinnen dafür
tun etc.
Am Ende muss man im Detail viel
experimentieren. Das ist einer der Gründe, wieso ich viele Entwürfe
für ein Projekt benötige.
Weshalb eignet es sich vielleicht,
ein Buch aus der Perspektive des Protagonisten/der Protagonistin zu
schreiben?
Die Frage verstehe ich nicht so ganz.
Die meisten Romane werden ja aus der Perspektive der Hauptfigur
erzählt. Vielleicht meint ihr, weshalb es wichtig sein kann, die
Ich-Perspektive zu verwenden?
Das ist eine ziemlich komplexe
Entscheidung. Mit der Ich-Perspektive gewinne ich eine viel tiefere
Einsicht in die Gefühls- und Gedankenwelt der Hauptfigur. Der Text
wird eindringlicher und dichter. Gleichzeitig gebe ich die
Möglichkeit auf, die Handlung aus der Perspektive anderer Figuren zu
zeigen. Das kann schlecht sein, weil viele Leserinnen – und meiner
Erfahrung nach vor allem auch Lektorinnen und Agentinnen – es
schätzen, die Perspektive des Schurken zu erleben.
Es gibt auch durchaus Leserinnen, die
es aus Prinzip ablehnen, Romane in der Ich-Perspektive zu lesen. Ich
persönlich mag die Ich-Perspektive gerne. Aber man muss sich darüber
im Klaren sein, was man tut.
Welche Tipps und Tricks kannst du
den neu startenden Autoren geben?
Was sind absolutes No-Gos beim
Buchschreiben, beziehungsweise was sollte man beim Schreiben eher
vermeiden?
Schwierige Frage, denn darüber gibt es
ja ganze Bücher. Und das aus gutem Grund.
Der wichtigste Tipp, den ich gerne
gehabt hätte, war wirklich der, einen Plan zu haben und sich
quantitative Ziele zu setzen. Das geht erst einmal vollkommen gegen
die eigene Intuition als beginnende Autorin. Aber in dem Moment, in
dem ich den Sinn beider Punkte verstanden hatte, hatte ich es
geschafft, Projekte erfolgreich zu beenden.
Ich würde in jedem Fall versuchen zu
vermeiden, in die Inspirationsfalle zu tappen. Also, nur zu
schreiben, wenn ich auch inspiriert bin. Musiker üben auch jeden Tag
ihre Tonleitern, wenn sie ein Instrument beherrschen wollen.
Autorinnen müssen täglich schreiben, wenn sie etwas erreichen
wollen. So sehe ich das jedenfalls.
Wir danken Marcus Johanus an dieser
Stelle herzlich für die Teilnahme an unserer Aktion und die
ausführlichen Antworten zum Interview.
An unsere Leser:
Wenn ihr mehr über Marcus Johanus
und seinen Büchern erfahren wollt, dann besucht doch einmal seinen
informativen Blog oder den unterhaltsamen Podcast. Auf beiden Seiten
erfahren geneigte Leser wertvolle Informationen zum Thema
„Schreiben“.
Hat unser Interview euer Interesse
geweckt? Dann schaut doch morgen zum Bloggerbrunch vorbei. Wir würden
uns sehr freuen gemeinsam mit euch ein wenig über das Thema „Buch
schreiben“ diskutieren zu dürfen.
Ganz liebe Grüße senden euch
eure
Leni & Tanja
Liebe Tanja,
AntwortenLöscheninzwischen stapeln sich deine Mails in meinem E-Mail-Postfach und noch immer hatte ich nicht ausreichend Zeit, diese wundervollen Beiträge zu lesen, die mich brennend interessieren. Ich möchte nur mal kurz winken und Interesse bekunden und hoffentlich bald alles genüsslich lesen.
Ganz besonders liebe Grüße
Nisnis
Hallo Nisnis,
Löschenoh, du glaubst gar nicht, wie sehr es mich freut, dass du diese Beiträge so interessant findest und sie auch lesen möchtest. Lass dir Zeit und schau dir das Interview einfach an, wenn dir danach ist. Ich freue mich in jedem Fall und wünsche dir ganz viel Spaß damit <3
Ganz liebe Grüße
Tanja :o)